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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach
12.05.2015Miterbe - Testamentsvollstrecker - Vorsorgevollmacht

Vorsorgebevollmächtigter schuldet als Testamentsvollstrecker den Miterben keine Auskunft

Der Leitgedanke des Landgerichts

Hat ein Erblasser ein mit einer Generalvollmacht ausgestattetes Kind zum Testamentsvollstrecker eingesetzt, schuldet das Kind den Miterben gegenüber keine Auskunft über seine Verfügungen zum Nachteil des Vermögens des Erblassers aufgrund seiner Vollmachtstätigkeit.

Der Sachverhalt der Entscheidung

Die Verstorbene hinterließ 4 Kinder, die sie zu gleichen Teilen als Erben einsetzte. Sie ordnete Testamentsvollstreckung an, wobei der Sohn Testamentsvollstrecker wurde, dem sie bereits viele Jahre vor ihrem Tod eine Generalvollmacht ausgestellt hatte. Der Sohn kümmerte sich um seine Mutter und pflegte sie in den letzten 10 Jahren vor ihrem Tod. Ein Miterbe klagte vom vormals Bevollmächtigten (und jetzigen Testamentsvollstrecker) Auskunft über all seine Kontenbewegungen, die er als Bevollmächtigter zu Lebzeiten der Mutter vorgenommen hatte, ein.

Die Entscheidung des Landgerichts Bonn

Das Landgericht weist diesen Klageanspruch ab. Es führt aus, dass zwischen der Erblasserin und dem Beklagten (ehem. Bevollmächtigten) kein Auftragsverhältnis nach §§ 667 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches bestanden hatte. Objektive Kriterien, dass sich die Mutter und ihr bevollmächtigter Sohn insoweit rechtsgeschäftlich binden wollten, sind nicht ersichtlich. Die Vollmachtserteilung fußte auf einer besonderen Vertrauensbeziehung, nicht auf einem Auftragsverhältnis. Im Rahmen eines besonderen Vertrauensverhältnisses wird regelmäßig keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt; der Bevollmächtigte soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer anzugeben und zu belegen. Nur wenn objektive Anhaltspunkte den Schluss auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zulassen, ist ein Auftragsverhältnis anzunehmen. Hinter der Erteilung der Vorsorgevollmacht von Eltern an Kinder steht in der Regel ein solches Vertrauensverhältnis.

Die Tatsache, dass sich der Bevollmächtigte über 10 Jahre allein um seine Mutter gekümmert und sie gepflegt hat, verstärkt dieses Vertrauensverhältnis ebenso wie seine Bestimmung zum Testamentsvollstrecker. In dieser Eigenschaft ist er den Erben gegenüber nur über den Nachlass zum Todestag auskunfts- und rechenschaftspflichtig, nicht jedoch über seine vormals als Bevollmächtigter vorgenommenen Kontenverfügungen. Aus den besagten Gründen verneint das Landgericht Bonn ein hinter der Vollmacht stehendes Auftragsverhältnis und mit denselben Argumenten einen Auskunftsanspruch wegen Treu und Glauben nach § 242 BGB.

Bewertung der Entscheidung und Kritik

Die Entscheidung widerspricht den jüngst ergangenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig vom 18.03.2014 - 3 U 50/13 und des Amtsgericht Wertheim, FamRZ 2014, 971. Sie ist noch in der veralteten Rechtsansicht verhaftet, wonach im familiären Verhältnis erteilte Vorsorgevollmachten auf einer reinen Vertrauensbasis erteilt und Rechenschaftspflichten dadurch ausgenommen werden. Eine solche pauschale Betrachtungsweise ist jedoch jüngst vom OLG Schleswig ausdrücklich aufgegeben worden, wie Rechtsanwalt Wolfgang Roth betont.

Fundstelle: LG Bonn, Teil-Urteil vom 8.12.2014 – 1 O 147/13





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