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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach
12.09.2014

Bei Vermächtnis darf Bedachter wählen

Das Oberlandesgericht München hat eine Entscheidung zum Wahlvermächtnis getroffen, wie Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth aus Obrigheim mitteilt:

Grundgedanke der Entscheidung:

Wird einem Vermächtnisnehmer per Testaments ein Wahlvermächtnis zugewandt, steht das Wahlrecht hinsichtlich der auszuwählenden Vermächtnisgegenstände vorrangig dem Begünstigten zu.

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Die Erblasserin setzte über ihren Nachlass, zu dem auch verschiedene Grundstücke gehörten, per Testament einen Testamentsvollstrecker ein. Sie vermachte einer Bekannte „… ein Haus oder einen Bauplatz von zwei“. Die Verstorbene besaß in der bezeichneten Straße zwei Bauplätze und ein Weggrundstück, das an einen der Bauplätze angrenzte. Die Vermächtnisnehmerin wählte einen Bauplatz aus und war mit dem Testamentsvollstrecker einig, dass das Weggrundstück – auch wenn dies nicht gesondert im Testament bezeichnet war – zum ausgewählten Bauplatz gehörte. Nur über diesen Weg konnte das Wahlgrundstück erschlossen werden, zumal über diesen auch die Versorgungsleitungen liefen. Das Grundbuchamt wies den Eintragungsantrag hinsichtlich des Weggrundstückes zurück, weil es sich dabei um eine dem Testamentsvollstrecker nicht erlaubte unentgeltliche Verfügung handelte.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München:

Im Beschwerdeverfahren bestätigt das OLG München die Rechtsansicht des Grundbuchamts. Dem Testamentsvollstrecker sind unentgeltliche Verfügung untersagt, wie § 2205 S. 3 BGB vorgibt. Das Grundbuchamt muss prüfen, ob dagegen vom Testamentsvollstrecker verstoßen wird. Der Nachweis der Entgeltlichkeit seiner Verfügung kann im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden. Hierfür sind bei der Veräußerung eines Gegenstandes vom Testamentsvollstrecker genaue Ausführungen dahingehend zu machen, was die maßgeblichen Beweggründe für seine entgeltliche Verfügung sind. Die Verfügung ist auch dann entgeltlich – und somit nicht zu beanstanden -, wenn sie zur Vermächtniserfüllung vorgenommen wird.

Der Wortlaut des Testaments rechtfertigt, das Wahlrecht alleine der Vermächtnisnehmerin zuzuordnen. Das Wahlrecht nach steht nicht dem Testamentsvollstrecker, sondern vorrangig dem Vermächtnisnehmer zu. Zumindest die Übertragung des Bauplatzes durch den Testamentsvollstrecker erfolgte damit nicht unentgeltlich, sondern um das Vermächtnis gegenüber dem Nachlass zu erfüllen. Dass die Verstorbene zusätzlich das Weggrundstück in das Wahlrecht bzw. das Vermächtnis zu Gunsten der Bedachten einbeziehen wollte, ist aus dem Testament nicht ersichtlich. Die Erschließungshindernisse und dass Versorgungsleitungen in dem übertragenen Weggrundstück liegen, rechtfertigen es nicht, dieses zum Bestandteil des „Bauplatzes“ zu machen. Soweit die Übertragung des Weggrundstückes erfolgen sollte, ist die Verfügung des Testamentsvollstreckers somit unentgeltlich und daher unzulässig.

Praxishinweis für Sie:

Der Beschluss zeigt, wie gefährlich es für einen Testamentsvollstrecker sein kann, im Rahmen einer Vermächtniserfüllung eine eigene Auslegung eines Testaments vorzunehmen, wie der Obrigehimer Erbrechtsexperte Roth erlärt. Um Rechtsicherheit bei Zweifeln über den Umfang eines (Wahl-) Vermächtnisses (s. dazu Roth/Maulbetsch/Schulte, Vermächtnisrecht, § 4 VIII) zu erhalten, sollte der Testamentsvollstrecker eine entsprechende Feststellungsklage erheben. Sonst läuft er Gefahr, für seine fehlerhafte Testamentsauslegung später von den Erben in die Haftung genommen zu werden.

Dabei sollte sich der Testamentsvollstrecker von einem Erbrechtsexperten unterstützen lassen.

Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 15.7.2014 – 34 Wx 243/14





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