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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach
16.04.2012

Handelsregister muss Testamentsvollstreckung über Kommanditistenanteil ausweisen

Der Fall des BGH (Beschluss vom 14.2.2012 - II ZB 15/11): 

Nach dem Tod eines Kommanditisten beantragte der über den Kommanditanteil bestellte Testamentsvollstrecker die Eintragung der Testamentsvollstreckung im Handelsregister. Die übrigen Gesellschafter schlossen sich gemeinsam dem Eintragungsantrag an. Das Registergericht teilte per Zwischenverfügung mit, dass ein schützenswertes Interesse an der Eintragung des Vermerks fehle. Die Beschwerde wies das OLG zurück, der BGH stellt hingegen auf die Publizitätsfunktion des Handelsregisters ab und hält die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks für geboten. 

II. Die Entscheidungsgrundslagen des BGH: 

Ins Handelsregister werden Tatsachen und Rechtsverhältnisse eingetragen, die auf dem Gesetz beruhen, sowie Umstände, die für den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind. Gerade an diesen Informationen sowie über die Vertretungsbefugnisse hat die Öffentlichkeit ein hohes Interesse, weil sie wissen muss, wer für das juristische Organ in welcher Art und Weise handeln kann und darf. Vorliegend stellt der BGH auf diese, dem Handelsregister zukommende Publizitätsfunktion ab, weil sich die Öffentlichkeit über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten in Gesellschaften allgemein unterrichten können muss, vor allem, wenn nicht der Erbe des Kommanditisten, sondern der Testamentsvollstrecker die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse inne hat. 

Das schutzwürdige Informationsinteresse des Rechtsverkehrs, das über das Publizitätsprinzip erfüllt werden kann, war bislang bei einer Dauertestamentsvollstreckung über einen Kommanditistenanteil streitig. Das Schrifttum erkannt an, dass eine Dauertestamentsvollstreckung i.S. des § 2209 BGB im Handelsregister einzutragen ist. 

Die materielle Rechtslage genügt aus Sicht des BGH Grund, um die Eintragung der Dauertestamentsvollstreckung zu rechtfertigen: Verstirbt der Kommanditist, geht dessen Kommanditanteil nicht im Wege der Universalsukzession auf eine Erbengemeinschaft über, sondern die Erben, die die Nachfolge des Kommanditisten antreten, erwerben diesen Anteil im Wege der Sonderrechtsnachfolge jeweils als eigenständige Gesellschaftsanteile im Umfang ihrer einzelnen Erbquoten. Ist über den Nachlass eine (Dauer-)Testamentsvollstreckung angeordnet, erstreckt sie sich auch auf solche im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangenen Gesellschaftsanteile, vor allem, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist oder die übrigen Gesellschafter zustimmen. Die Befugnis, die Rechte und Pflichten aus dem Kommanditanteil auszuüben, hat nur der 
Testamentsvollstrecker. Nur er darf über diesen Anteil verfügen. 

Es ist ihm aber untersagt, eine persönliche Haftung der Erben zu begründen. Gerade dieses 
Spannungsverhältnis zwischen Nachlassgläubigern und Eigengläubigern der Gesellschafter - Erben stellt für den BGH das entscheidende Argument zur Eintragungsfähigkeit des Testamentsvollstreckervermerks im Handelsregister dar. Während der Dauer der Vollstreckung haftet das der Vollstreckung unterliegende Nachlassvermögen (also auch der Kommanditanteil) ausschließlich den Nachlassgläubigern. Den Eigengläubigern der Gesellschafter-Erben ist dieser Nachlass als Haftungsmasse aber gerade entzogen. Der BGH stellt fest, dass diese direkte haftungsrechtliche „Außenwirkung“, die durch die angeordnete Testamentsvollstreckung entsteht, für den Rechtsverkehr ersichtlich sein muss. Außerdem hat der Testamentsvollstrecker laut BGH „... entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft“. 

III. Konsequenzen der Entscheidung und Ausblick: 

Weil die Dauertestamentsvollstreckung an einem Kommanditanteil eintragungsfähig ist, ist sie seit der neuen BGH-Rechtsprechung auch eintragungspflichtig. Darauf muss vor allem der Testamentsvollstrecker achten und die Eintragung im Handelsregister eigenständig beantragen. Aber auch die Erben des Kommanditisten sollten im Rahmen ihrer Kontrollrechte den Testamentsvollstrecker dazu anhalten, die Eintragung zu veranlassen. 

Interessant wird die Frage sein, ob die unterlassene Eintragung der Testamentsvollstreckung im Handelsregister zu einer Haftung des Testamentsvollstreckers gemäß § 2219 I BGB führen kann. Verletzt er nach dieser Vorschrift schuldhaft „…die ihm obliegenden Verpflichtungen…“, so macht er sich schadenersatzpflichtig. Auf fehlende Kenntnis bzw. fehlende höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage wird sich der Vollstrecker auf Grund der neuen, gesellschaftsrechtlichen BGH-Rechtsprechung jedenfalls nicht (mehr) berufen können, um sein Verschulden auszuschließen. Ist er sich, wie nicht selten bei juristisch ungeschulten Testamentsvollstreckern, unsicher, muss er sich Rechtsrat einzuholen, andernfalls er bereits für dieses Unterlassen haften kann. 





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