Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine für alle Erben, die ihre Erbschaft zum Beispiel wegen Überschuldung des Nachlasses ausschlagen, wichtige Entscheidung getroffen: Es tritt kein Verlust des Bezugsrechts einer Versicherung trotz Erbausschlagung ein!
Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth schildert die neue Entscheidung des BGH in der Schnittstelle zwischen Versicherungs- und Erbrecht:
Hat der Erblasser seine „gesetzlichen Erben“ bei einer Unfallversicherung als Bezugsberechtigte eingesetzt, bleibt ihnen die Bezugsberechtigung auch dann erhalten, wenn sie ihre Erbenstellung als gesetzliche Erben wirksam ausgeschlagen haben.
Der Erblasser hatte eine Unfallversicherung mit einer Todesfallsumme abgeschlossen und als Bezugsberechtigte sine „gesetzlichen Erben“ im Versicherungsvertrag angegeben. Nach seinem Tod schlugen seine beiden Kinder und weitere Verwandte die Erbschaft wirksam aus. Das Amtsgericht ordnet eine Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses“ an.
Die Versicherung verweigerte die Auszahlung der Leistung an den Nachlasspfleger, weil die Auszahlung voraussetze, dass nachweislich gesetzliche Erben vorhanden sind und das Erbe nicht ausgeschlagen wurde. Der Nachlasspfleger wollte einen weiteren Nachlasspfleger vom Gericht benannt haben, damit er sich von diesem den Auszahlungsanspruch der Bezugsberechtigten gegen den Versicherer abtreten und auf diese Weise zur Erbschaft ziehen konnte. Amts- und Landgericht lehnten den Antrag ab. Der BGH weist die Rechtsbeschwerde zurück, weil die Bezugsberechtigten nicht "unbekannt" sind.
Laut BGH sind bei der Unfallversicherung, die eine Leistung auf Zahlung des Kapitals vorsieht, nach § 185 VVG die §§ 159 und 160 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) analog anzuwenden. Der Versicherungsnehmer kann Bezugsberechtigte für die Leistung benennen (§ 159 I VVG). Der Begünstige erwirbt das Zahlungsrecht spätestens mit Eintritt des Versicherungsfalls, § 159 II und III VVG. Benennt der Versicherungsnehmer als Bezugsberechtigten „dessen gesetzliche Erben“, sind nach § 160 II 1 VVG im Zweifel diejenigen gemeint, die im Todeszeitpunkt als Erben berufen sind.
Die Ausschlagung der Erbschaft hat auf die Bezugsberechtigung keinen Einfluss, § 160 II 2 VVG. Die in diesem Paragrafen genannte Bestimmung der „Erben“ als Bezugsberechtigte stellt nur eine Individualisierung des Forderungsberechtigten dar. Das Bezugsrecht ist jedoch nicht davon abhängig, dass die im Todesfall berufenen Erben die Erbschaft auch tatsächlich annehmen. Gesetzliche Erben waren die beiden Kinder des Verstorbenen nach § 1924 I, IV BGB zu gleichen Teilen. Die Ausschlagung ihrer Erbenstellung ist für das Bezugsrecht demnach irrelevant, so dass die Beteiligten bekannt sind. Der Einrichtung einer weiteren Pflegschaft nach bedarf es daher nicht.
Zunächst überrascht die Entscheidung. Der Senat grenzt zwischen dem Bezugsrecht der Versicherung und der Ausschlagung der gesetzlichen Erbenstellung dergestalt ab, dass die Ausschlagung der Erbschaft für das Bezugsrecht gar nicht relevant ist. Die Versicherungsunternehmen werden ihre Auszahlung daher künftig nicht mehr bei Bezugsberechtigten „gesetzlichen Erben“ von einer tatsächlichen Erbenstellung abhängig machen dürfen.
Für ausschlagende Erben bedeutet der Beschluss, dass sie zwar die Erbschaft ausschlagen, aber dennoch aus einer solchen Versicherung Leistungen erhalten können.
Die Ausschlagung der Erbschaft führt also nicht zwingend zum Totalverlust solcher Ansprüche.
Fundstelle: BGH, Beschluss v. 23.7.2025 – XVII ZA 16/25
... → mehrErbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert, wie bei falschem Vorgehen mit Klagen beim Pflichtteil Geld verloren gehen kann. Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat dies jüngst wie folgt entschieden:
Klagt der Pflichtteilsberechtigte nicht im Wege einer Stufenklage, sondern unmittelbar auf Zahlung seines Pflichtteils gegen die Erben, ist eine von ihm parallel dazu erhobene Wertermittlungsklage unzulässig.
Der Verstorbene hinterließ seinen Sohn und Enkelinnen, die er zu seinen Erben bestimmte. Der pflichtteilsberechtigte Sohn klagte auf Feststellung des Wertes einer Nachlassimmobilie. Isoliert und parallel dazu klagte er schon auf Zahlung eines Teilbetrages seines Pflichtteils, wobei er den Immobilienwert selbst schätzte. Das Landgericht wies die Wertermittlungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig ab, wogegen der Sohn Berufung einlegte. Am selben Tag verglichen sich die Parteien im Zahlungsprozess und erklärten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das OLG legt dem Pflichtteilsberechtigten sämtliche Kosten des Rechtsstreits auf.
Durch die übereinstimmende Erledigungserklärung ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des aktuellen Sach- und Streitstands darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Dabei kommt es auf den zu erwartenden Verfahrensausgang im Rahmen einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten an. Unter diesen Aspekten hätte der Kläger in seinem Berufungsverfahren verloren. Der Wertermittlungsanspruch dient nur dazu, dass sich der Pflichtteilsberechtigte ein Bild vom Wert der Nachlassimmobilie machen und damit auch das Risiko einer späteren Leistungsklage besser abschätzen kann. Der Wertermittlungsanspruch dient also nur zur Vorbereitung des eigentlichen Zahlungsbegehrens, weshalb der Pflichtteilsberechtigte die Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche prozessökonomisch durch eine Stufenklage verknüpfen kann.
Die parallel zur Leistungsklage erhobene Wertermittlungsklage ist unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Der bewusste Ausschluss eines Stufenklageverfahrens zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche erfolgte durch Zahlungsklage. Innerhalb dieser wäre durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Wert der Immobilie zu schätzen gewesen. Der Sinn des Wertermittlungsanspruchs, dass der Anspruchsinhaber den Wert des Nachlasses besser abschätzen kann, kann vor dem Hintergrund einer bereits vorgenommenen Bezifferung des Zahlungsanspruchs nicht mehr erreicht werden. Daran ändert sich auch nichts, dass nur eine Teilzahlungsklage erhoben wird, denn auch zu deren Begründung kommt es auf den konkreten Nachlasswert an. Mehr als eine reine Schätzung des Wertes der Nachlassimmobilie hätte auch im Wertermittlungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens nicht erfolgen können, was ebenfalls für die exakte Bezifferung des Anspruchs im Leistungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens der Fall ist. Da aus keinem Aspekt im Rahmen dieser Verfahrenskonstellationen ein Rechtsschutzbedürfnis für die Wertermittlungsklage besteht, trägt der Pflichtteilsberechtigte die Kosten des Rechtsstreits.
Der Pflichtteilsberechtigte war augenscheinlich schlecht beraten: Wenn der Gesetzgeber ein sogenannte Stufenklage zur Verfügung stellt, in der alle Ansprüche in einer Klage verbunden werden können, ist es fehlerhaft, die Ansprüche getrennt und einzeln einzuklagen. Ihr Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth kann Ihnen die genauen Verfahrensabläufe eines Pflichtteilsverfahrens erläutern - auch, wie bereits vor Inanspruchnahme eines Gerichts solche Verfahren prozesstaktisch vorbereitet werden müssen.
Fundstelle: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.06.2025 – 8 U 18/25
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Ein Testament ist unwirksam, wenn es der Verfasser mit einer wolkenartigen Zeichnung statt seiner Unterschrift versieht, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand eines neuen Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) München schildert:
Malt der Erblasser ein wolkenartiges Gebilde unter ein mit seiner Ehefrau gemeinschaftlich verfasstes Testament, liegt keine wirksame Unterschrift vor, weshalb das Testament formunwirksam ist.
Der Verstorbene hatte unter anderem aus erster Ehe Kinder. Mit seiner zweiten Ehefrau errichtete er ein gemeinsames handschriftliches Testament. Die zweite Ehefrau schrieb den Testamentstext selbst, unterschrieb und der Erblasser setzte ein wolkenartiges Gebilde statt seiner Unterschrift unter deren Unterschrift. Nach seinem Tod beantragte die Witwe einen Alleinerbschein auf Grund des Testaments. Das Nachlassgericht weist den Antrag ebenso zurück wie die Beschwerdeinstanz.
Dem Ehegattentestament fehlt die wirksame Unterschrift des Erblassers, weshalb gesetzliche Erbfolge eintritt. Die wolkenartige Darstellung stellt keine Unterschrift nach § 2247 I BGB dar, weshalb es unheilbar nichtig ist.
Eine Unterschrift setzt ein Gebilde voraus, das aus Buchstaben einer üblichen Schrift besteht. Dies muss nicht unbedingt lesbar sein, sofern es sich um einen die Identität des Unterzeichners ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug handelt, der charakteristische Merkmale aufweist und sich nach dem Schriftbild als Unterschrift eines Namens darstellt. Es kommt nicht darauf an, dass die Unterschrift insgesamt lesbar sein muss, denn es genügt, wenn dem Schriftbild zumindest noch Andeutungen von Buchstaben entnommen werden können. Deshalb reicht die Unterzeichnung mit einer reinen Wellenlinie ebenso wenig für das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift wie die Unterzeichnung mit drei Kreuzen.
Der wolkenähnlich geformten Linie des Erblassers fehlt bereits das Element des Schreibens; Schrift setzt eine zumindest angedeutete Ausformung von Buchstaben, welche eine individuelle Personenbezeichnung nach außen oder im Innenverhältnis zum Adressaten darstellen können, voraus. Eine Zeichnung ist gerade keine Schrift und deswegen auch keine Unterschrift.
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, an welchen Formerfordernissen ein letzter Wille scheitern kann: An der Unterschrift des Verfassers, die seine Eigenhändigkeit und das Bekenntnis zu dem über der Unterschrift befindlichen Text bestätigt, darf es keine Zweifel geben. Sehen Sie deshalb von - auch gut gemeinten oder optisch schönen - Zeichnungen, Abkürzungen des Namens oder sonstigen Aspekten ab, die nichts mit ihrem Namen zu tun haben, wenn Sie ein Testament verfassen und unterschreiben. Das Gesetz verlangt hierfür ganz einfach Ihre Unterschrift!
Fundstelle: OLG München, Beschluss v. 5.5.2025 – 33 Wx 289-24 e
... → mehrDie 8 Erbschaftsteuerfinanzämter für Baden-Württemberg
Nicht jedes der 63 allgemeinen Finanzämter in Baden-Württemberg hat eine Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle. Diese sind auf die 8 Finanzämter in Aalen, Freiburg-Land, Karlsruhe-Durlach, Mosbach, Reutlingen, Sigmaringen, Tauberbischofsheim und Villingen-Schwenningen konzentriert.
Hier finden Sie die Anschriften und Zuständigkeitsbezirke:
Finanzamt Aalen (Bleichgartenstraße 17, 73431 Aalen) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Finanzamt Freiburg-Land (Stefan-Meier-Straße 133, 79104 Freiburg) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Finanzamt Karlsruhe-Durlach (Prinzessenstraße 2, 76227 Karlsruhe) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Finanzamt Mosbach (Außenstelle/Erbschaftsteuerstelle: Albert-Schneider-Straße 1, 74731 Walldürn) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Finanzamt Reutlingen (Leonhardsplatz 1, 72764 Reutlingen) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Finanzamt Sigmaringen (Karlstraße 31, 72488 Sigmaringen) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Finanzamt Tauberbischofsheim (Außenstelle Bad Mergentheim, Schloss 7, 7980 Bad Mergentheim) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
Villingen-Schwenningen (Weiherstraße 7, 78050 Villingen-Schwenningen) ist als Erbschaftsteuerstelle zuständig für die Finanzamtsbezirke
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Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert an Hand eines neu entschiedenen Falls, dass der Erbe im Verfahren wegen des Pflichtteils alle Kontoauszüge des Erblassers vor dessen Tod offenlegen und im Nachlassverzeichnis aufnehmen muss:
Sichtet ein Erbe Kontoauszüge des Erblassers vor dessen Tod nicht und gibt hinsichtlich möglicher lebzeitiger Zuwendungen des Verstorbenen keine Informationen in einem Nachlassverzeichnis an, ist das Verzeichnis unvollständig und neu zu erstellen.
Der Erblasser hinterließ 4 Kinder und setzte mittels Testaments seine Partnerin zur Alleinerbin ein. Eine Tochter verlangte vorgerichtlich ein privatschriftliches Nachlassverzeichnis, um darauf ihren Pflichtteilsanspruch berechnen zu können. Danach traten alle Geschwister zur Geltendmachung ihrer Pflichtteilsrechte die Ansprüche an das vierte Kind ab; es genügte somit, dass ein Kind für alle die Ansprüche verfolgte.
Sodann wurde ein Privatverzeichnis von der Erbin vorgelegt, auf dessen Basis eine Zahlung berechnet und für alle vier Kinder geleistet.
Die den Gesamtanspruch geltend machende Tochter klagte anschließend die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses ein, da der Nettonachlass auf Grund des Verkaufs einer Eigentumswohnung des Erblassers kurz vor seinem Tod zu niedrig bemessen schien. Das Oberlandesgericht gibt ihr Recht.
Der Anspruch ist begründet. Der Senat stützt sich auf den Vortrag der Klägerin, dass bereits im Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht die Alleinerbin darstellte, dass sie die EC-Karte nebst PIN vom Erblasser erhalten und damit Zugriff auf das Erblasserkonto gehabt hatte. Auch räumte sie ein, die Kontoauszüge nicht durchgesehen zu haben und den Schmuck der vorverstorbenen Ehefrau, den der Erblasser von ihr geerbt hatte, in Besitz zu haben. Diese Angaben fehlen im privaten Verzeichnis komplett, weshalb das Privatverzeichnis den Auskunftsanspruch nicht erfüllte. Der danach geltend gemachte Anspruch auf Vorlage des Notarverzeichnisses ist nicht verwirkt und nicht rechtsmissbräuchlich. Dies zeigen die von der Erbin im Erbscheinverfahren eingeräumten Versäumnisse, die im Privatverzeichnis nicht aufgeklärt wurden.
Der Senat konstatiert, dass es „in der Praxis üblich ist, zunächst ein privatschriftliches Verzeichnis zu fordern“, bevor ein notarielles im Pflichtteilverfahren verlangt wird. Dieses Vorgehen ist auch sinnvoll angesichts der langen Verfahrensdauer zur Erstellung notarieller Nachlassverzeichnisse. Die Nichtangabe möglicher pflichtteilergänzungsrelevanter Schenkungen führt in der Regel zur Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs, der von einer nur fehlerhaften Auskunft, die keine Vorlage eines neuen Verzeichnisses bedingt, zu unterscheiden ist; in diesem Fall ist der Weg über die Versicherung an Eidesstatt zu gehen.
Laut BGH ist zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung zulässig. Dann sorgt der Testamentsvollstrecker für die Beitreibung des Pflichtteils. Dies muss aber bereits im Testament des Erblassers angeordnet werden.
Fundstelle: OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.1.2025 – 7 U 51/24
... → mehrCAPITAL zeichnet unsere Kanzlei aus und listet sie im Ebrechtsbereich unter die 60 TOP-Kanzleien Deutschlands:
Auch 2025 hat Statista gemeinsam mit den Magazinen STERN und CAPITAL die besten Anwaltskanzleien für Privatmandanten ermittelt und die Ergebnisse nach Fachgebieten in den aktuellen Printausgaben veröffentlicht.
Unsere Erbrechtskanzlei Roth & Maulbetsch wurde wieder ausgezeichnet!
Die unabhängige Studie basiert auf einer Befragung unter Rechtsanwälten - also einer Empfehlung von Fachleuten - in Deutschland. Insgesamt wurden 15.785 Empfehlungen ausgewertet, die Kanzleien in zwölf verschiedenen Rechtsgebieten betreffen. Nur Kanzleien, die überdurchschnittlich häufig empfohlen wurden, erhalten eine Auszeichnung.
Die Veröffentlichung der Bestenliste finden Sie online unter:
Ihre Erbrechtsexperten Wolfgang Roth und Thomas Maulbetsch freuen sich, mit ihrer Expertise weiterhin an Ihrer Seite zu stehen!
... → mehrDas Oberlandesgericht Frankfurt weist auch Anwälte an, einen Abschiedsbrief des Mandanten nach dessen Tod beim Nachlassgericht abzugeben, weil dieser ein Testament sein könnte, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert:
Auch ein Rechtsanwalt, der für einen Mandanten einen persönlichen Abschiedsbrief in Besitz hat, hat diesen im Fall des Todes seines Mandanten vollständig beim Nachlassgericht abzuliefern, wenn darin Angaben zur Rechtsnachfolge enthalten sind. Weder seine berufliche Verschwiegenheitspflicht noch die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung für den Fall der Offenbarung des Abschiedsbriefs stehen der Ablieferungspflicht entgegen.
Der Verstorbene hatte seinem Anwalt seinen Abschiedsbrief zugesandt. Auf den ersten vier Seiten führte er persönliche Angelegenheiten aus und wies darauf hin, dass dieser Teil seines Briefs nicht als Testament zu eröffnen sei. Im zweiten Briefteil ordnete er an, dass seine Mutter von ihm alles erben würde. Das Nachlassgericht forderte den Anwalt auf, das gesamte Schriftstück im Original abzuliefern. Dies verweigerte der Anwalt, gegen den daraufhin eine Zwangsgeldandrohung verhängt wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde bleibt erfolglos.
Der Senat weist darauf hin, dass die Ablieferungspflicht des § 2259 BGB umfassend ist. Abzuliefern sind alle Schriftstücke, die ein „Testament“ nach ihrer Form und/oder ihrem Inhalt nach darstellen können. Dies sind alle Schriftstücke die vom Erblasser stammen und inhaltlich und äußerlich als letztwillige Verfügung angesehen werden können, auch wenn Form oder Inhalt zweifelhaft sind. Demnach sind auch in Briefform errichtete Schriftstücke abzugeben, wenn solche erbrechtliche Anordnungen darin enthalten sein können. Zweck der Ablieferung ist die Eröffnung der Verfügung. Die Ablieferungspflicht dient den Interessen der gesetzlichen bzw. der testamentarischen Erben sowie dem öffentlichen Interesse alsbald nach dem Erbfall Gewissheit darüber zu haben, ob und wie der Erblasser seine erbrechtlichen Verhältnisse geregelt haben wollte. Ob ein Testament der Form und dem Inhalt nach vorliegt und ob dieses wirksam ist, obliegt ausschließlich der Prüfung des Nachlassgerichts.
Da sich aus dem Beginn des Briefes u.U. Hinweise auf die erbrechtlichen Angaben ableiten lassen können, ist der gesamte Brief im Original abzuliefern. Dies gilt auch dann, wenn mehrere, nicht miteinander verbundene Blätter ein gesamtes Schriftstück bilden; auch diejenigen Seiten, die keinen erbrechtlichen Bezug haben, könnten zur Auslegung der letztwilligen Verfügung dienen. Nach § 2263 BGB darf der Erblasser die Eröffnung seiner letztwilligen Verfügung nicht ausschließen.
Die Berufsverschwiegenheit des Anwalts steht der Ablieferungspflicht ebenfalls nicht entgegen. Das Berufsgeheimnis dient dem individuellen Interesse des Mandanten. Die Berufsverschwiegenheitspflicht unterliegt Ausnahmen. In Fällen, in denen es geboten ist, öffentliche Interessen über das Geheimhaltungsinteresse des Mandanten zu stellen, wird die Verschwiegenheitspflicht durchbrochen. Aus dem öffentlichen Interesse der Ablieferungspflicht folgt, dass die berufliche Verschwiegenheitspflicht des Anwalts hinter die Ablieferungspflicht aus gesetzlichen Gründen zurücktritt. Da der Anwalt dieser Rechtspflicht unterliegt, ist er einem Verstoß gegen § 203 I Nr. 3 des Strafgesetzbuchs nicht ausgesetzt, da er das Geheimnis, das ihm zur Kenntnis gebracht wird, nicht unbefugt offenbart.
Der Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Der Senat zeigt, dass jede Person - unabhängig von ihrer beruflichen Stellung - alles beim Nachlassgericht abgeben muss, was ein Testament sein kann, wenn jemand verstirbt. Ob es das tatsächlich ist, entscheidet allein das Gericht.
Fundstelle: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.1.2025 – 20 W 220/22
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Auch Papst Franziskus hat ein Testament hinterlassen: viele sprechen darüber, aber kaum jemand kennt dessen Inhalt. Lesen Sie bei Ihrem Erbrechtsexperten Wolfgang Roth den Letzten Willen des im Vatikan verstorbenen Papstes in deutscher Übersetzung (Quelle: Konradsblatt 18/2025):
Testament des Heiligen Vaters Franziskus
Miserando atque Eligendo (dt. Aus Barmherzigkeit erwählt)
Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Amen.
Im Bewusstsein, dass sich der Abend meines irdischen Lebens nähert, und in lebendiger Hoffnung auf das Ewige Leben möchte ich meinen testamentarischen Willen nur hinsichtlich des Ortes meiner Beerdigung zum Ausdruck bringen.
Ich habe mein Leben und mein priesterliches und bischöfliches Amt immer der Mutter unseres Herrn, der heiligsten Maria, anvertraut. Deshalb bitte ich darum, dass meine sterblichen Überreste in Erwartung des Tages der Auferstehung in der päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore ruhen.
Ich wünsche, dass meine letzte irdische Reise in diesem alten marianischen Heiligtum endet, wo ich zu Beginn und am Ende jeder Apostolischen Reise zum Gebet hingegangen bin, um der Unbefleckten Mutter meine Anliegen vertrauensvoll anzuvertrauen und ihr für ihre gütige und mütterliche Fürsorge zu danken.
Ich bitte darum, dass mein Grab in der Nische im Seitenschiff zwischen der Cappella Paolina (Kapelle der Ikone Salus Populi Romani) und der Sforza-Kapelle der genannten päpstlichen Basilika vorbereitet wird, wie in der beigefügten Anlage angegeben.
Das Grab soll im Boden sein, einfach, ohne besonderen Schmuck und mit der einzigen Inschrift: Franciscus.
Die Kosten für die Vorbereitung meines Begräbnisses werden von der Summe des Wohltäters gedeckt, die ich an die Päpstliche Basilika Santa Maria Maggiore überweisen ließ und für die ich Erzbischof Rolandas Makrickas, dem Außerordentlichen Kommissar des Liberianischen Kapitels, entsprechende Anweisungen gegeben habe.
Möge der Herr denen, die mich geliebt haben, den verdienten Lohn geben, indem sie weiterhin für mich beten. Das Leid, das mir im letzten Teil meines Lebens widerfahren ist, opfere ich dem Herrn für den Frieden in der Welt und die Geschwisterlichkeit unter den Völkern auf.
Santa Marta, 29. Juni 2022
Franziskus
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Ihr Erbrechtsexperte, Rechtsanwalt Wolfgang Roth, Obrigheim, stellt die Möglichkeit dar, dass per Testament den Miterben untersagt werden kann, die Erbschaft aufzuteilen.
Nicht selten möchten Erblasser mit ihrer letztwilligen Verfügung erreichen, dass sich die Miterben über den Nachlass zumindest eine gewisse Zeit oder gar nicht auseinandersetzen. Der Zusammenhalt des Nachlasses kann durch ein Verbot der Auseinandersetzung (§ 2044 BGB) grundsätzlich erreicht werden. Wird ein solches Verbot angeordnet, stellen sich jedoch rechtliche als auch praktische Fragen für den weiteren Verlauf der Erbteilung.
Nach § 2044 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann mittels letztwilliger Verfügung die Auseinandersetzung entweder des Gesamtnachlasses oder hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände ausgeschlossen werden. Das Verbot kann auch in einem Erbvertrag beurkundet sein. Selbst bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ist diese Anordnung möglich.
Je nach dem, welchen Zweck der Erblasser folgt, kann das angeordnete Teilungsverbot verschiedene erbrechtliche Grundlagen haben. Notfalls sind diese im Wege der Auslegung zu ermitteln. Möchte der Testator mit dem Verbot zu Gunsten eines einzelnen Miterben erreichen, dass jener dem Verlangen auf Auseinandersetzung eines anderen Miterben während einer gewissen Dauer des Auseinandersetzungsverbots widersprechen kann, liegt ein Vermächtnis in Form eines Vorausvermächtnisses zu Gunsten des Bedachen Miterben vor. In der Regel ist ein solches Vorausvermächtnis anzunehmen, wenn ein Zeitfaktor im Testament vorgegeben ist, beispielsweise dass der Nachlass bis zur Wiederheirat, dem Eintritt eines bestimmten Alters usw. des Miterben ausgeschlossen sein soll.
Soll das Teilungsverbot die Nachlassauseinandersetzung generell untersagen, liegt eine Auflage (§§ 2192 ff. BGB) zu Lasten aller Miterben vor.
In der Regel ist der angeordnete Ausschluss der Auseinandersetzung eine Auflage. Wenn jedoch alle Miterben (einschließlich etwaiger Nacherben) sich über die Auflage hinwegsetzen und die Erbschaft aufteilen, verstoßen sie nur gegen die schuldrechtliche Wirkung der Anordnung; da die Anordnung keine sogenannte dingliche Wirkung besitzt, können sich Miterben also einverständlich über das Verbot hinwegsetzen. Der Erblasser kann das Auseinandersetzungsverbot durch Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung absichern und dadurch die Verfügungsbefugnis über den Nachlass dem Testamentsvollstrecker übertragen. Jedoch kann auch der Testamentsvollstrecker gemeinsam mit allen Erben sich über das Auseinandersetzungsverbot einvernehmlich hinwegsetzen. Um eine Bindung der Erben an das Auseinandersetzungsverbot zu erreichen, sollte daher eine Anordnung mit strafender Wirkung bei Verstoß gegen das Verbot in der letztwilligen Verfügung aufgenommen sein. Dies kann beispielsweise die Anordnung eines Vermächtnisses zu Gunsten eines Dritten dergestalt sein, dass die Erbschaft an jemanden herausgegeben werden muss, wenn man sich nicht an das Verbot der Teilung hält.
Wird bei angeordneter Testamentsvollstreckung und vorgegebenem Auseinandersetzungsverbot von einem Miterben die Versteigerung eines Nachlassgrundstücks beantragt, können die anderen Miterben eine Drittwiderspruchsklage erheben, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden hat.
Ein nachlassgerichtliches Vermittlungsverfahren ist bei angeordnetem Auseinandersetzungsverbot nach §§ 2043 ff. BGB nicht statthaft.
Keine Wirkungen entfaltet das Auseinandersetzungsverbot hingegen gegenüber einem Gläubiger eines Miterben, der dessen Erbanteil gepfändet hat, § 751 Absatz 2 BGB.
Nach § 2044 Absatz 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 749 BGB ist das Teilungsverbot unwirksam, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist, die Auseinandersetzung zu verlangen. Ob ein solcher Grund vorliegt, ist vom Einzelfall abhängig und durch die Abwägung der Interessen der Betroffenen zu entscheiden. Bloße Unstimmigkeiten zwischen den Miterben genügen hierfür nicht, vielmehr muss durch das Auseinandersetzungsverbot eine ordnungsgemäße Verwaltung und Nutzung des Nachlasses erheblich erschwert oder gar unmöglich sein und der Miterbe, der die Auseinandersetzung anstrebt, darf diese Situation nicht überwiegend selbst herbeigeführt haben.
Zuständig zur Entscheidung darüber, ob ein solch wichtiger Grund vorliegt, ist das Prozessgericht.
Insbesondere die Verheiratung oder der Vermögensverfall eines Miterben sowie ein unzumutbares Verbleiben des Miterben in der Miterbengemeinschaft stellen als von der Rechtsprechung anerkannte wichtige Gründe dar, das Auseinandersetzungsverbot außer Kraft zu setzen. Auch der Eintritt der Volljährigkeit stellt einen solchen wichtigen Grund dar, da ein Minderjähriger sich nur durch das Verlangen der Auseinandersetzung eine Haftungsbeschränkung sichern kann, § 1629 a Absatz 4 BGB, um sein Privatvermögen vor einem überschuldeten Nachlass zu schützen.
Es gibt durchaus vernünftige und nachvollziehbare Gründe, um eine Erbteilung ganz oder auf gewisse Dauer auszuschließen. Weil diese Möglichkeit kaum bekannt und nicht einfach zu konstruieren ist, hilft Ihnen bei einem solchen Testament Ihr Erbrechtspezialist.
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Fachanwalt und Erbrechtsexperte Wolfgang Roth hat für Sie eine Übersicht die erbrechtliche Stellung des ungeborenen Kindes zusammengestellt:
Laut § 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beginnt die Rechtsfähigkeit eines Menschen mit der Vollendung der Geburt. Erbrechtlich wird dieser Gedanke schon vor die Geburt vorverlagert, da schon der Nichtgeborene erbfähig ist. § 1923 Absatz 2 BGB gibt vor, dass derjenige, der zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber schon gezeugt war. Das wird häufig dann streitig, wenn noch nicht geborene Abkömmling in einem Testament bedacht sind.
Wer zur Zeit des Erbfalls bereits gezeugt war (sog. nasciturus) gilt als vor dem Erbfall geboren und kann daher Erbrechte haben. Stirbt der Vater vor der Geburt des bereits gezeugten Kindes und hat er es testamentarisch bedacht, bleibt es erbrechtlich abgesichert. Nach den Auslegungsregeln der §§ 2066 ff. BGB gelten diejenigen Personen als bedacht, die zum Zeitpunkt des Erbfalls gesetzliche Erben sein würden, worunter auch bereits gezeugte, jedoch erst nach dem Erbfall Geborene zu verstehen sind. § 1923 Absatz 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Zeugung des Bedachten schon im Zeitpunkt des Erbfalls stattgefunden haben und die Leibesfrucht nach dem Sterbefall lebend geboren werden muss, um die Rechtsfähigkeit nach § 1 BGB zu erhalten.
Ob derjenige, der nach dem Erbfall geboren, jedoch schon vor dem Erbfall gezeugt gewesen ist, ist Gegenstand freier Beweiswürdigung eines Nachlassgerichts oder Prozessgerichts. Familienrechtliche Abstammungsvermutungen können hierfür herangezogen werden, insbesondere § 1593 Satz 1 BGB: Demnach ist ein Kind, dass binnen 300 Tagen nach dem Tod des Mannes von seiner Ehefrau geboren wird, als dessen Kind anzusehen.
Der Begriff der „Zeugung“ stellt auf den Zeitpunkt der Einnistung des Eis in die Gebärmutter (sog. Nidation) ab. Bleibt unaufklärbar, ob die Nidation vor oder nach dem Erbfall stattfand, kann die Erbfähigkeit des geborenen Kindes nicht festgestellt werden.
Findet die Befruchtung außerhalb des Mutterleibes statt und wird später der Embryo in die Gebärmutter eingepflanzt, ist davon auszugehen, dass die Erbfähigkeit des später lebend geborenen Kindes schon dann vorliegt, wenn die In-Vitro-Fertilisation zum Zeitpunkt des Erbfalls erfolgt war, unabhängig davon, wann die Implantation des Embryos erfolgte.
War die Eizelle schon zu Lebzeiten des Mannes mit seinem Sperma verschmolzen und der Befruchtungsvorgang mittels Kryokonservierung unterbrochen, besteht die Möglichkeit, nach dem Tod des Mannes durch Auftauen der konservierten Materialien die Einpflanzung vorzunehmen, wodurch das Erbrecht des später geborenen Kindes begründet wird. Dies hat das Landgericht Frankfurt a.M. 2025 entschieden, ebenso das Oberlandesgericht Rostock im Jahr 2010. Bei dieser postmortalen Zeugung ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die – möglicherweise erst Jahre nach dem Tod vorgenommene Einsetzung des Embryos – nachträglichen Einfluss auf die Erbfolge genommen wird.
Im Rahmen der Vor- und Nacherbschaft gilt die Sonderregel des §§ 2108 Abs. 2, 1923 BGB: Wer bei Eintritt des Erbfalls noch nicht lebte und auch noch nicht gezeugt war, kann nach diesen Vorschriften Nacherbe werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Bedachte zum Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls geboren oder zumindest gezeugt war.
Nach der Ausnahmevorschrift des § 2101 I BGB kann auch Nacherbe werden, wer bei Eintritt des Erbfalls noch nicht gezeugt war, sofern der Nacherbe vor dem Nacherbfall lebend zur Welt kommt und dann mit der Geburt in die Nacherbenstellung nachrückt, § 2106 II BGB.
Grundsätzlich ist daher im Rahmen der Auslegung letztwilliger Verfügungen die Erbeinsetzung eines noch nicht Gezeugten als Erbe in die Sondernachfolge der Nacherbeinsetzung umzudeuten.
Nicht selten setzen Erblasser „künftig geborene Kinder oder Enkelkinder“ in ihre letztwilligen Verfügungen zu Erben ein. Um Auslegungsschwierigkeiten zu vermieden, sollte klar geregelt werden, ob die insoweit Bedachten als Ersatz-, Vollerben oder Nacherben eingesetzt sind. Ihr Erbrechtsexperte hilft Ihnen, die genauen Formulierungen zu treffen und dadurch Streit der Nachkommen zu vermeiden.
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