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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach
30.07.2014

Testamentsvollstrecker kann Nachfolger trotz Entlassung bestimmen

Wird ein Testamentsvollstrecker wegen einer Pflichtverletzug entlassen, kann er seinen Nachfolger benennen, wenn er dazu die Befugnis im Testament erhalten hatte, worauf Erbrechtsexperte Wolfgang Roth aus Obrigheim hinweist. Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth erläutert dazu folgenden Gerichtsfall:

Die Ausgangslage der Entscheidung

Die Eltern von vier Kindern bestimmten sich in verschiedenen Testamenten gegenseitig zu Alleinerben des jeweils anderen Ehegatten. Schlusserben sollten deren Kinder zu gleichen Teilen sein. Verschiedene Vorschenkungen sollten bei der Aufteilung des Nachlasses im Schlusserbfall angerechnet werden. Eine Tochter wurde zur Testamentsvollstreckerin zur Erbauseinandersetzung im Schlusserbfall unter Berücksichtigung der Anrechnungsanordnungen bestimmt. Sie war auch befugt, ihren Nachfolger zu bestimmen. Zwischen den Geschwistern herrschte heftiger Streit, vor allem, ob ein Teil der Miterben sich Darlehensschulden anrechnen lassen musste.

Die Testamentsvollstreckerin entnahm dem Nachlass im Vorgriff auf die Schlussauseinandersetzung 250.000,00 Euro zu ihren Gunsten und zahlte aus dem Nachlass ihrem miterbenden Bruder weitere 90.000,00 Euro aus. Daraufhin wurde sie von einer Schwester erfolgreich auf Rückzahlung von 100.000,00 Euro an die Erbengemeinschaft und ein Entlassungsverfahren gegen sie eingeleitet. Das Nachlassgericht entließ sie wegen schwerwiegender Pflichtverletzungen nach § 2227 BGB. Die Auszahlung der Gelder an sich und den Bruder der Testamentsvollstreckerin war eine schuldhafte Pflichtverletzung, da zum Zeitpunkt der Auszahlung weder ein Teilungsplan vorlag noch eine Teilauseinandersetzung zulässig war. Sodann benannte die ehemalige Testamentsvollstreckerin ihre Tochter zur Nachfolgerin im Amt.  

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig

Das OLG Schleswig stellt klar, dass bis zum Erlass des angefochtenen Urteils die Klägerin als Miterbin selbst berechtigt war, den Prozess zu führen, § 2039 BGB. Zwar steht dasProzessführungsrecht alleine einem Testamentsvollstrecker zu; da die Testamentsvollstreckerin jedoch als Nachlassschuldnerin verklagt wurde, steht das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs ausnahmsweise den Erben selbst zu. Mit Entlassung der ehemaligen Testamentsvollstreckerin ändert sich jedoch diese Prozessführungsbefugnis.

Die Bestimmung, einen Nachfolger im Testamentsvollstreckeramt zu benennen besteht unabhängig von der Art der Amtsbeendigung und gilt auch dann, wenn der bestimmungsberechtigte Testamentsvollstrecker wegen einer Pflichtverletzung aus seinem Amt entlassen wird (OLG München, ZEV 2008, 532, 535), wie der Senat unterstreicht. Die entlassene Testamentsvollstreckerin durfte somit deren Tochter zu ihrer Nachfolgerin verbindlich bestimmen. 

Expertentipp für Sie:

Die Entscheidung zeigt, dass ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich –sofern ihm diese Befugnis im Testament eingeräumt worden war- seinen Amtsnachfolger auch dann selbst bestimmen darf, wenn er wegen Pflichtverletzung aus dem Amt entlassen wird. Nur wenn gegenteilige Anhaltspunkte im Rahmen der Auslegung des Testaments etwas anderes ergeben, ist ihm dies nicht mehr möglich, worauf Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth aus Obrigheim hinweist.

Fundstelle: OLG Schleswig, Urteil vom 18.3.2014 – Az.: 3 U 34/13





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