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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach

Aktuelles aus der Kanzlei

19.07.2021
Betreuung und Miterbschaft

Der betreute Miterbe – Was muss der Betreuer wissen und tun?

Die Schnittstelle zwischen Erbrecht und Betreuungsrecht ist eine der Schwierigsten im Recht der Nachlassregelungen. Nicht selten steht ein Miterbe unter Betreuung, sei es bei Familienangehörigen oder familienfremden Betreuern. Tritt der Erbfall ein, muss der Betreuer wissen, welche Handlungspflichten ihm obliegen und was er im erbrechtlichen Bereich zu regulieren hat. Der Beitrag Ihres Erbrechtsexperten Wolfgang Roth gibt eine Übersicht.

1. Der Erbscheinsantrag

Liegt keine notarielle letztwillige Verfügung vor, kann jeder Miterbe, also auch der Betreuer eines Miterben für diesen einen Erbscheinsantrag stellen. Sofern kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde, kann der Betreute selbst einen Erbschein beantragen, andernfalls er die Zustimmung des Betreuers benötigt, sofern sich dessen Aufgabenkreis hierauf bezieht. Das Betreuungsgericht muss den Erbscheinsantrag nicht genehmigen.

2. Die Verwaltung des Nachlasses

Sofern Entscheidungen über die Verwaltung der Erbschaft bis zu deren Auseinandersetzung zu treffen sind, ist regelmäßig die Stimmenmehrheit der Erben – gerechnet nach den Erbanteilen – notwendig, §§ 2038 II, 745 I BGB. Wenn der Betreute nicht geschäftsunfähig ist, kann er selbst im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses innerhalb der Erbengemeinschaft seine Stimme abgeben, andernfalls tut dies sein Betreuer. Grundsätzlich ist auch hierfür die Genehmigung des Betreuungsgerichts nicht notwendig, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat.

Sofern die Erbengemeinschaft ein Rechtsgeschäft (zum Beispiel einen Verkauf eines Nachlassgegenstandes) vornehmen möchte, das nach §§ 1821, 1822, 1908 i I BGB der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf, ist die gerichtliche Genehmigung entbehrlich, wenn das Rechtsgeschäft mit der Mehrheit der anderen Miterben zustande kommt. Andernfalls bedarf es der gerichtlichen Genehmigung, wobei nur das Wohl des Betreuten im Vordergrund steht.

Manchmal weigern sich Miterben, überhaupt zur Verwaltung beizutragen oder stellen sich "tot". Der Betreuer ist dann auf Grund seiner vermögensrechtlichen Aufgabenübertragung verpflichtet, diese Tätigkeit für den Betreuten zu übernehmen. Da er nach dem VBVG eine Pauschalbezahlung erhält, bekommt er diesen Mehraufwand nicht bezahlt.

3. Das Verzeichnis

Der Betreuer muss für den angefallenen Miterbanteil beim Betreuungsgericht ein Verzeichnis nach §§ 1802, 1908 i I BGB einreichen und dessen Vollständigkeit und Richtigkeit versichern. Seiner Verzeichnispflicht muss der Betreuer ohne Aufforderung durch das Gericht in angemessener Zeit nachkommen, das Gericht kann die Einreichung des Verzeichnisses sogar erzwingen, §§ 1837 III S. 1, 1908 i I S.1 BGB.

Solange die Nachlassteilung nicht erfolgt ist, muss der Betreuer auch Einnahmen und Ausgaben (zum Beispiel Mieteinnahmen, Zinsen usw.), die dem Betreuten zufallen, auflisten, wobei eine Teilerbauseinandersetzung zum Beispiel auf Auskehrung der Nachlassfrüchte für den Miterben ohne Zustimmung aller anderen Miterben nicht zulässig ist.

4. Die Teilung des Nachlasses

Ist der Nachlass teilungsreif oder sind sich alle Miterben über die Teilung einig, ist ein Teilungsplan aufzustellen. Der Erbteilungsvertrag bedarf dann der gerichtlichen Genehmigung nach §§ 1822 Nr. 2, 1908 i I BGB. Das Betreuungsgericht klärt, ob der durch den Teilungsvertrag dem Betreuten zufallende Erbteil dessen Erbquote entspricht. Dasselbe gilt für die Genehmigung nur einer Teilauseinandersetzung (Roth, Erbfall und Betreuungsrecht, Kap. G VII. 2.). Sofern das Betreuungsgericht Zweifel an der korrekten wertmäßigen Zuordnung im Rahmen der Erbauseinandersetzung hat, was vor allem dann der Fall sein kann, sofern Immobilien verteilt werden sollen, kann es selbst und von Amts wegen Gutachten einholen.

Wenn Fragen vor der Schlusserbauseinandersetzung klärungsbedürftig bzw. streitig sind, kann hierfür jeweils eine Feststellungsklage beim Landgericht erhoben werden. Das Zusammenfassen mehrerer Streitpunkte in einer einzigen Feststellungsklage ist zulässig.

5. Ratschlag

Wird ein Betreuter Miterbe, ergeben sich für den Betreuer erhebliche verfahrens- und materiellrechtliche Fragen in der Schnittstelle zum Erbrecht. Darauf muss der Betreuer mit dem Aufgabenkreis der vermögensrechtlichen Angelegenheiten vorbereitet sein, notfalls er hierzu anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen sollte; andernfalls macht er sich bei einer fehlerhaften Tätigkeit schadenersatzpflichtig gegenüber dem Betreuten. Eine schadenersatzbegründete Haftung gegenüber Miterben kann sich ebenfalls ergeben. Ein Verschulden zur Schadenersatzpflicht kann dem Betreuer dann vorgeworfen werden, wenn er Rechtskenntnisse, die er selbst nicht besitzt, nicht einholt, da er dann seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachkommt; das heisst, dass der rechtsunkundige Betreuer fachanwaltlichen Rat "einkaufen" muss, um die Gefahr des Schadenersatzes auszuschließen. 

Die gesamte Schnittstelle der beiden Rechtsgebiete finden Sie leicht verständlich dargestellt im Fachbuch von RA Wolfgang Roth: "Erbfall und Betreuungsrecht".

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22.06.2021
Grabpflege und Pflichtteil

Keine Berücksichtigung von Grabpflegekosten beim Pflichtteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine in der Praxis immer wieder streitige Frage zur Bedeutung von Grabpflegekosten im Pflichtteilsrecht entschieden, die Ihr Erbrechtsexperte für Sie wie folgt erläutert:

Der Leitgedanke des BGH

Die Kosten für die Grabpflege sind, auch wenn die Grabpflege in einem Testament angeordnet wird, im Pflichtteilsrecht nicht als Nachlassverbindlichkeiten anzusetzen.

Der entschiedene Sachverhalt

Die Verstorbene hinterließ ein Kind und setzte familienfremde Dritte zu ihren Erben in ihrem Testament ein. Sie gab unter anderem vor, dass ihr Nachlass prozentual unter den Erben verteilt werden sollte, jedoch ein Teil für ihre Beerdigung und 20 Jahre Pflege des Grabes einzubehalten sei. Das enterbte Kind forderte seinen Pflichtteil. Dieser wurde so berechnet, dass auch die mittels eines Kostenvoranschlags bezifferten Grabpflegekosten abgezogen wurden. Das wollte sich das enterbte Kind nicht gefallen lassen und stritt durch alle Instanzen. Der BGH gelangt abschließend zu dem Ergebnis, dass im Rahmen des eingeklagten Pflichtteils der Abzug der Grabpflegekosten bei der Pflichtteilsberechnung nicht möglich ist und gibt dem Kind Recht.

Die wichtigsten Entscheidungsgründe

Grabpflegekosten dürfen bei der Pflichtteilsberechnung nicht als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Nur die Kosten der Bestattung selbst stellen abzugsfähige Kosten dar. Die Bestattung ist mit Abschluss der Errichtung der Grabstelle allerdings beendet. Instandhaltungs- und Pflegekosten der Grabstätte zählen hierzu nicht, da die Grabpflege nur eine sittliche Pflicht des Erben ist. Dass man Grabpflegekosten bei der Erbschaftsteuer absetzen darf, ändert nichts an der fehlenden zivilrechtlichen Rechtspflicht eines Erben zur Grabpflege, denn die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen sagt nichts über die zivilrechtliche Pflicht des Erben zur Kostentragung aus.

Selbst wenn der Erbe aufgrund der Friedhofssatzung öffentlich-rechtlich zur Grabpflege verpflichtet ist, bleibt das unbeachtlich. Diese Instandhaltungspflicht trifft auch Grabnutzungsberechtigte oder Totenfürsorgeberechtigte, die gar nicht mit dem Erben personenidentisch sein müssen.

Dass die Grabpflege im Testament vorgegeben wurde, ist rechtlich betrachtet eine sogenannte "Auflage". Dennoch begründet diese Auflage im Verhältnis zum Pflichtteilsberechtigten keine Abzugsposition, auch wenn im Innenverhältnis mehrerer Erben untereinander die Auflage eine Nachlassverbindlichkeit in Form einer Erbfallschuld ist. Einem Pflichtteilsanspruch gegenüber sind Auflagen und Vermächtnisse nachrangig, unabhängig davon, dass die Grabpflege im Testament vorgegeben ist.

Praxishinweis

Aus fachlich-erbrechtlicher Sicht ist erfreulich, dass endlich eine abschließende Entscheidung des BGH zu dieser immer wieder auftauchenden Thematik gefällt ist: Auch wenn bei der Gestaltung von Testamenten die Grabpflege als Auflage eingearbeitet wird, ist dies pflichtteilsrechtlich nun irrelevant, wie der BGH feststellt. Ob die Entscheidung dem Rechtsempfinden des betroffenen Erben entspricht, darf bezweifelt werden: Übernimmt der zur Grabpflege Verpflichtete diese Arbeit, kann er die daraus entstehenden Kosten dem "untätigen" Pflichtteilsberechtigten nicht entgegenhalten. Das ist unbefriedigend, aber letztinstanzlich nun entschieden. Aus erbschaftsteuerlicher Sicht sollte dennoch die Grabpflege im Testament stehen, um die Kosten zumindest steuerlich geltend machen zu können.

Fundstelle: BGH, Urteil vom 26. Mai 2021 – IV ZR 174/20 

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02.06.2021
Weitere Auszeichnung erhalten

CAPITAL zeichnet uns als eine der besten Anwaltskanzleien im Erbrecht aus

Das Fachmagazin Capital empfiehlt im Sonderheft Juni 2021 die Obrigheimer Fachanwaltskanzlei Roth und Maulbetsch als eine von nur 34 Kanzleien in Deutschland "führende Spezialkanzleien" im Erbrecht. 
Von aktuell ca. 165.000 zugelassenen Anwälten/-innen in ganz Deutschland ist nur ein sehr kleiner Teil von derzeit ca. 1900 Kolleginnen und Kollegen zum Fachanwalt für Erbrecht zertifiziert. Hiervon wiederum sind nur eine auserlesene Handvoll Spezialisten von Fachanwälten als deutschlandweit führende Experten nunmehr ausgezeichnet worden. 
Das Magazin CAPITAL hat in einer unabhängigen Erhebung unsere Fachanwaltskanzlei als empfohlene Spezialkanzlei ausgewiesen.
Die nun schon seit Jahren vorgenommene Listung unserer Kanzlei auch in anderen Fachmagazinen (z.B. FOCUS SPETIAL 06/2020 als ein der „deutschlandweit führenden TOP-Kanzleien im Erbrecht“) zeigt: Die Spezialisierung wird anerkannt und bringt für im Erbrecht Ratsuchende erhebliche Vorteile.

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14.05.2021
Vorsorgevollmacht verpflichtet zur Rechnungslegung

Haftung der Vorsorgebevollmächtigten durch OLG bestätigt

Ihr Erbrechtsexperte zeigt an Hand eines aktuellen Falls des Oberlandesgerichts Braunschweig, in welche Haftungsfalle ein vorsorgebevollmächtigtes Kind fallen kann, wenn für einen Elternteil die Vollmacht übernimmt.

Der Leitgedanke des Gerichts

Einem vorsorgebevollmächtigten Kind obliegt die Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Vollmachtgeber, sobald es die Vollmacht einsetzt

Der entschiedene Sachverhalt

Der Sohn hatte für seine später verstorbene Mutter eine Vorsorgevollmacht. Sie sollte gelten, wenn die Mutter „entscheidungsunfähig“ wurde. Die spätere Erblasserin musste stationär in ein Krankenhaus, danach dauerhaft in ein Pflegeheim. Später wurde eine Betreuung eingerichtet. Sie wurde von drei Personen beerbt, unter anderem ihre Tochter und dem Sohn. Die Tochter verklagte ihren Bruder auf Rechnungslegung über dessen Tätigkeit als Vorsorgebevollmächtigten. Das Landgericht gab ihr teilweise statt, die dagegen erhobene Berufung des Sohnes ist nur teilweise begründet.

Die wichtigsten Entscheidungsgründe

Der ehemals bevollmächtigte Sohn schuldet der Erbengemeinschaft Rechnungslegung für die Zeit seiner Tätigkeit ab Einweisung der Erblasserin in das Krankenhaus bis zur Einsetzung des Betreuers. Das setzt ein Auftragsverhältnis voraus, das zwischen der Mutter und dem Sohn begründet wurde. Für den Auftrag ist notwendig, dass jemand für einen anderen in dessen Angelegenheit tätig wird und pflichtgemäß tätig werden muss. Wenn sich Ehegatten gegenseitig bevollmächtigen, nimmt die Rechtsprechung wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses kein Auftragsrecht an. Dieser Rechtsgedanke ist allerdings nicht pauschal auf andere Angehörige, die bevollmächtigt werden, übertragbar.

Es kommt immer auf den Einzelfall an. Dabei ist die wirtschaftliche Bedeutung der Vollmacht zum Zeitpunkt ihrer Erteilung ein wichtiges Indiz. Der Aufgabenkreis der Vollmacht erfasste den gesamten Lebensbereich der Erblasserin ab ihrer Hilfsbedürftigkeit. Daraus folgt, dass ein Bedürfnis der Vollmachtgeberin bestand, dass der Bevollmächtigte eigenverantwortlich und aus Eigeninitiative heraus alle ihre Angelegenheiten erledigt, gerade weil die Vollmachtgeberin dann keine Fähigkeit mehr haben würde, diese Tätigkeiten einzeln zu delegieren und zu kontrollieren. Die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Vollmacht rechtfertigt ein erhöhtes Kontrollbedürfnis, was mit einer Rechnungslegung erfolgen kann.

Nur bei einem Vertrauensverhältnis ist ausnahmsweise die Rechnungslegung entbehrlich. Dazu müssen die Beziehungen so eng sein, dass eine Rechnungslegung untereinander nicht erwartet wird, was bei Ehegatten der Fall ist. Pauschal kann das nicht auf andere verwandte Bevollmächtigte übertragen werden. Der bevollmächtigte Sohn wohnte in einer separaten Wohnung desselben Hauses der Mutter. Ein Grund, dass er wegen besonderer emotionaler Nähe unter den Kindern als Bevollmächtigter ausgewählt wurde, ist nicht erkennbar. Zum Zeitpunkt der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit handelte er nicht stärker für die Mutter als dessen Geschwister. Mangels Vertrauensverhältnisses besteht seine Rechnungslegungspflicht aus diesen Gründen mit Einritt des Vorsorgefalls.

Praxishinweis für Sie

Auskunfts-, Rechenschafts- und Zahlungsansprüche aus Vollmachttätigkeit spielen nach dem Tod des Vollmachtgebers immer wieder eine Rolle. Der Senat stellt richtiger Weise auf den jeweiligen Einzelfall ab, ob solche Pflichten bestehen oder nicht. Wer sich dagegen mit dem Argument verteidigt, dass ein Vertrauensverhältnis bestand, muss dieses beweisen und das Gericht muss dies besonders feststellen. Das ist in der Praxis oft schwierig, weshalb es nach dem Tod des Vollmachtgebers oft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. Gerade wenn Kinder bevollmächtigt waren, zerbricht daran nicht selten die Familie. Ihr Erbrechtsexperte zeigt Ihnen, wie Sie diese Folge einer Vollmacht schon bei der Erstellung der Vollmacht vermeiden können.

Fundstelle: OLG Braunschweig, Urteil vom 28.4.2021 – 9 U 24/20 

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11.05.2021
Pflichtteil und Nachlassverzeichnis

Notarverzeichnis toppt Privatauskunft

Im Pflichtteilsverfahren ist es nicht möglich, ein Privatverzeichnis für die Auskunft über den Nachlass zu erhalten, wenn ein notarielles Nachlassverzeichnis vorliegt, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand eins neuen Urteils erläutert:

Der Leitgedanke des Gerichts

Muss der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnisses für den geltend gemachten Pflichtteil nach entsprechender Verurteilung vorlegen, kann nicht nachträglich auf die Vorlage eines weiteren, privatschriftlichen Nachlassverzeichnis geklagt werden.

Der entschiedene Sachverhalt

Eine Mutter wurde von ihrem Sohn auf Grund Testaments alleine beerbt. Ihre Tochter forderte den Pflichtteil ein und erhob Klage auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines privatschriftlichen Verzeichnisses. Später änderte sie die Klage dahingehend, dass ihr Bruder die Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen habe. Hierzu wurde der Bruder verurteilt. Danach wollte sie zusätzlich ein weiteres, diesmal privatschriftliches Verzeichnis durch Urteil erstreiten. Das Landgericht wies ihre Klage ab, ihre Berufung bleibt erfolglos.

Die Gründe der Entscheidung

Für den weiteren Klageantrag auf Vorlage des Privatverzeichnisses besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, da über das bereits vorliegende Urteil der Auskunftsanspruch vollständig durchsetzbar ist. Das Verlangen eines „Privatverzeichnisses“ ist rechtsmissbräuchlich, da die beiden Verzeichnisarten (notariell und privatschriftlich) inhaltlich wesensgleich sind. Ein Grund, ein zweites Urteil zur Auskunftserteilung zu schaffen, ist nicht ersichtlich, zumal das private Verzeichnis im Verhältnis zum notariellen keine höhere Gewähr der Richtigkeit hat.

Praxishinweis für Sie

Der Senat schließt sich der ständigen Rechtsprechung an, dass ein „Wechsel“ vom notariellen Nachlassverzeichnisses hin zu einem „Privatverzeichnis“ nicht möglich ist. Der umgekehrte Weg ist hingegen eröffnet: wer eine privatschriftliche Auskunft gegeben hat, muss auf Verlangen zusätzlich ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen!

Fundstelle: Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 17.03.2022 – 6 U 67/21 

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07.04.2021
Grabpflegekosten und Steuervorteil

Abzugsfähigkeit der Pflege eines fremden Grabes

Pflegekosten für die Grabstätte des Verstorbenen zählen im Steuerrecht zu den bei der Erbschaftsteuer abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun die Abzugsfähigkeit von Pflegekosten für die Grabstelle auch dann zugelassen, wenn es sich nicht um das eigene Grab des Verstorbenen handelt, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert.

Der Sachverhalt vor dem BFH

In einem Grab war die bereits vorverstorbene Mutter des Erblassers bestattet; ihr Sohn (der jetzige Erblasser) hatte sich auf Grund der Friedhofssatzung zur Pflege des mütterlichen Grabes verpflichtet. Die Erben des verstorbenen Sohnes wollten in ihrer Steuererklärung nicht nur die Grabpflegekosten Ihres Vaters absetzen, sondern auch diejenigen ihrer Großmutter, weil auf sie nun die Pflicht zur Pflege deren Grabes auch "vererbt" wurde.

Der Bundesfinanzhof hat nun letztinstanzlich entschieden, dass die Pflegekosten für ein Wahlgrab auch dann zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören, wenn sich der Erblasser bereits zu seinen Lebzeiten zur Pflege eines solchen Grabes verpflichtet hatte und diese Verpflichtung auf die Erben übergegangen ist. Dies gilt jedenfalls für die Dauer des vereinbarten Grabnutzungsrechts.

Der Leitgedanke des BFH

Wer sich zur Pflege eines Grabes Dritter (hier: der eigenen Eltern) noch zu seinen Lebzeiten entschließt, übernimmt eine Pflicht gegenüber dem Friedhofträger, die mit Kosten verbunden ist. Auch solch übernommene Pflichten sind vererblich, so dass die dazu notwendigen Aufwendungen auch steuerlich berücksichtigt werden müssen.

Praxishinweis für Sie

Abzugsfähig sind die üblichen Grabpflegekosten für die Dauer der Grabnutzung. Dazu sollten sich die Erben bei der örtlichen Behörde die Nutzungsurkunde des Verstorbenen besorgen und aufgrund eines Kostenvoranschlags einer örtlichen Friedhofsgärtnerei die Grabpflegekosten für die restliche Ruhezeit berechnen; diese sind bei der Erbschaftsteuer dann abzugsfähig.

Fundstelle: BFH, Urteil vom 22. Januar 2020 - II R 41/17

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24.03.2021
Erbscheinverfahren und Rechtsmittel

Wie wehrt man sich gegen Entscheidungen im Erbscheinverfahren?

In einem Erbscheinverfahren kann man gegen Beschlüsse des Nachlassgerichts Rechtsmittel einlegen. Das Rechtsmittelverfahren ist jedoch verwinkelt und teilweise verworren, weshalb es hierfür in der Regel eines Erbrechtsexperten bedarf, der diesen Paragrafendschungel lichten kann.

Hier einige Beispiele zu Aspekten, die es bereits in formaler Hinsicht zu beachten gilt:

1. Wer hat entschieden?

Welcher genaue Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts statthaft ist, hängt zunächst von dem Entscheidungsorgan ab, das einen Beschluss erlassen hat:

  • Eine sofortige (befristete) Beschwerde ist statthaft, wenn ein Nachlassrichter entschieden hat.
  • Wenn allerdings – wie häufig – ein Rechtspfleger eine Entscheidung traf, ist die allgemeine Beschwerde nach §§ 11 I 1 RPflG, 58 I FamFG statthaft. Dann ist die sofortige Beschwerde einzulegen. § 11 des Rechtspflegergesetzes lässt auch die befristete Erinnerung zu, wenn die Entscheidung des Rechtspflegers nicht nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften mit einem Rechtsmittel angegriffen werden könnte. So sind z. B. die Kraftloserklärung eines Erbscheins oder erbrechtlicher Zeugnisse mit befristeter Erinnerung anfechtbar. Bleibt der Rechtspfleger bei seiner Meinung, entscheidet hierüber der Richter, § 11 II 3 RPflG. 
  • Gegenüber einer unangemessen langen Verfahrensdauer (Verfahrensverzögerung) kann man eine Dienstaufsichtsbeschwerde erheben.

2. Allgemeine Voraussetzungen

Sobald eine gerichtliche Endentscheidung vorliegt, ist das Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. Als Endentscheidung sind z. B

  • die Zurückweisung eines Erbscheinantrags, 
  • der Feststellungsbeschluss im Erbscheinverfahren, 
  • die Kraftloserklärung eines Erbscheins oder
  • die auf Einziehung des Erbscheins gerichtete Anordnung anzusehen, sobald diese erlassen sind. 

Solange der Erbschein noch nicht ausgehändigt bzw. tatsächlich erteilt ist, ist schon die bloße Ankündigung den Erbschein zu erteilen, anfechtbar. Ist der Erbschein dann erteilt, kann die dagegen erhobene Beschwerde nur noch mit dem Ziel seiner Einziehung erhoben werden. Wurde der Erbschein bereits eingezogen, zielt die gegen die Einziehungsanordnung erhobene Beschwerde auf die Erteilung eines neuen Erbscheins.

3. Wo legt man das Rechtsmittel ein?

Laut § 64 I 1 FamFG ist die Beschwerde bei demjenigen Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Die Einlegung der Beschwerde zum Beschwerdegericht (in der Regel das Oberlandesgericht) ist daher nicht (mehr) möglich, auch wenn das früher zulässig war. 

4. Wie legt man Beschwerde ein?

Die Beschwerde kann schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Amtsgerichts eingelegt werden. Der Bundesgerichtshof erlaubt auch die Einlegung durch Telefax, wenn die Unterschrift des Absenders daraus ersichtlich ist. Es herrscht kein Anwaltszwang, Vertretung ist allerdings möglich, § 10 II FamFG.

Es besteht auch die Möglichkeit, die Beschwerde bei der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts zu erheben.

Die Beschwerde muss rechtzeitig, also binnen eines Monats erhoben werden, sonst ist sie verfristet. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an den Beteiligten. Ein Wiedereinsetzungsantrag gegen die Fristversäumnis ist möglich.

5. Die Beschwerdeberechtigung

Nur der Beschwerdeberechtigte darf eine Beschwerde einlegen. Dieses Recht steht dem sogenannten "materiell" Beschwerten zu: Das ist derjenige, dessen privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches subjektives Recht durch die Entscheidung verletzt wird. In Nachlassverfahren ist Jeder, dessen Erbrecht durch die Entscheidung berührt wird, also zur Beschwerde befugt.

Zusätzlich muss eine "formelle" Beschwer gegeben sein, weshalb das Beschwerderecht nur demjenigen zusteht, dessen Antrag zurückgewiesen wurde.  

6. Kosten und Erstattung

Im Erbscheinverfahren entstehen dieselben Anwaltsgebühren wie in sonstigen Gerichtsverfahren auch. Ob derjenige, der einen Anwalt mit seinem Anliegen betraut, dessen Gebühren vom unterlegenen Gegner zurück (erstattet) bekommt, ist nicht immer sicher:

Das Gericht verteilt die Verfahrenskosten der Beteiligten nach "billigem Ermessen". Der strikte Grundsatz "Wer verliert, zahlt alle Kosten und Gebühren", gilt in diesen Verfahren nur zum Teil; die Kostenentscheidung richtet sich nach allen Umständen des Einzelfalles, unter anderem danach, ob das Rechtsmittel überhaupt Erfolg versprach und ob die Einwände des Unterlegenen zumindest substanziiert oder nur "ins Blaue hinein" erhoben waren. 

Praxishinweis für Sie: 

Selbst wenn man also eine Beschwerde im Erbscheinverfahren gewinnt, ist nicht sicher, dass man alle seine Kosten und Gebühren auch erstattet bekommt. Ihr Erbrechtsexperte klärt Sie über diesen kostenrechtlichen Aspekt, der nicht außer Acht gelassen werden darf, umfassend auf.

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19.03.2021
Beglaubigung einer Vollmacht

Betreuungsbehörde kann wirksam Vorsorgevollmacht beglaubigen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte der Betreuungsbehörden in Bezug auf Beglaubigungen von Unterschriften einer Vorsorgevollmacht gestärkt, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand der aktuellen, wegweisenden Entscheidung des BGH darstellt.

Der Leitgedanke des BGH

Die Betreuungsbehörde kann wirksam die Beglaubigung von Unterschriften auf Vorsorgevollmachten vornehmen.

Der Streitpunkt des Verfahrens

Vor dem Bundesgerichthof ging es um die Rechtsfrage, ob die Unterschrift unter eine Vorsorgevollmacht von einer Urkundsperson der Betreuungsbehörde als echt nach § 6 Absatz 2 Satz 1 des Betreuungsbehördengesetz (BtBG) beglaubigt werden konnte und dadurch der Bevollmächtigte gegenüber dem Grundbuchamt für den Vollmachtgeber rechtswirksame Erklärungen abgeben konnte. Nur wenn das der gegeben war, konnte man die Vollmacht als eine "öffentlich beglaubigte" Urkunde im Sinn der Grundbuchordnung ansehen.

Die tragenden Entscheidungsgründe des BGH

Der Bundesgerichtshof urteilt, dass eine beglaubigte Vorsorgevollmacht im Außenverhältnis uneingeschränkt gilt, also unabhängig davon, ob der Vollmachtgeber betreuungsbedürftig ist oder nicht. Eine Vorsorgevollmacht genügt den Anforderungen der Grundbuchordnung (GBO), wenn sie im Außenverhältnis unbedingt erteilt ist, wobei eine dennoch vorgenommene Beschränkung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem nur intern gelten soll für den Fall, dass der Betreuungsfalls tatsächlich eintritt. Diese Einschränkung nur im sogenannten Innenverhältnis war im entschiedenen Fall hier gegeben. Somit konnten Erklärungen zum Grundbuch wirksam abgegeben werden, ohne dass man einen Notar einschalten musste.

Zugleich stellt der BGH heraus, dass Urkundspersonen der Betreuungsbehörde auch Unterschriften auf Vorsorgevollmachten, die über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten, beglaubigen dürfen.

Praxistipp für Sie

Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht haben, mit der Sie Ihrem Bevollmächtigten auch nach Ihrem Tod die Abwicklung des Nachlasses ermöglichen wollen und dazu Grundstücke zu verteilen, umzuschreiben oder zu verkaufen sind, können Sie nunmehr vor der Betreuungsbehörde Ihre Unterschrift öffentlich beglaubigen lassen. Dies ist bei Weitem billiger, als wenn Sie die Beglaubigung Ihrer Unterschrift vor einem Notar vornehmen lassen, denn Notare berechnen hierfür wesentlich höhere Gebühren als die Betreuungsbehörden.

Mit seinem Beschluss eröffnet der BGH eine kostengünstige Alternative für Unterschriftsbeglaubigungen zur notariellen Beglaubigung, worauf Ihr Erbrechtsexperte hinweist.

Fundstelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2020 – V ZB 148/19 

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16.03.2021
Betreuer erschleicht sich Testament

Sittenwidrigkeit des Testaments zu Gunsten eines Betreuers

Schwarze Schafe bringen gleich zwei Berufsstände in Verruf: Lässt sich ein betrügerischer Betreuer durch ein Testament des Betreuten zum Erben einsetzen, obwohl er eine mögliche Testierunfähigkeit erkennt, ist die Erbeinsetzung des Berufsbetreuers sittenwidrig und das Testament nichtig.

Das hat das Oberlandesgericht Celle in einem von mehreren Fällen nun entschieden, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand eines aktuellen Urteils erklärt:

Der Leitgedanke des Urteils

Auch wenn derzeit noch kein gesetzliches Testierverbot zu Gunsten von Betreuern existiert, kann die Erbeinsetzung eines Berufsbetreuers sittenwidrig sein.

Der (vereinfachte) Sachverhalt

Dem 1929 geborenen, ledigen und kinderlosen Erblasser wurde wegen einer schweren Krankheit 2005 eine Rechtsanwältin als Berufsbetreuerin beigeordnet. Sie hatte die Aufgabe, den Betreuten in allen Bereichen rechtlich zu vertreten (sog. Totalbetreuung). Noch Jahr 2005 beauftragte die Betreuerin eine ihr vertraute Notarin mit der Errichtung eines Testaments für den Betroffenen. Darin wurden sie selbst und ein dem Erblasser Unbekannter je hälftige Erben. Später beantragte sie einen entsprechenden Erbschein, den das Nachlassgericht jedoch zurückwies und einen Nachlasspfleger installierte. Wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Untreue wurde gegen Berufsbetreuer und Notare von der Staatsanwaltschaft in mehreren Verfahren ermittelt, auch gegen die beiden angeblichen Miterben. In der vom Nachlasspfleger erhobenen Klage wurde die Testierunfähigkeit des Verstorbenen durch einen Sachverständigen festgestellt. Gegen das Urteil bleibt die Berufung der ehemaligen Betreuerin erfolglos.

Die tragenden Gründe des Urteils

Das Oberlandesgericht bestätigt zunächst nach Anhörung eines Gutachters die Testierunfähigkeit des Verstorbenen. Zusätzlich führt der Senat die Nichtigkeit des Testaments auf § 138 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen Sittenwidrigkeit zurück. Für die Sittenwidrigkeit sind auch die Umstände des Zustandekommens der letztwilligen Verfügung zu beachten. Dabei kommt es auf den Einzelfall zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. Die Sittenwidrigkeit kann sich aus dem Inhalt des Testaments und aus dessen Gesamtcharakter ergeben, ohne dass es auf eine Schädigungsabsicht ankommt. Es genügt, dass der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt, wobei dem gleichsteht, sich bewusst oder grob fahrlässig dieser Kenntnis zu verschließen.

 

Das Testierverbot im Heimgesetz gründet auf einem Näheverhältnis zwischen Heimbewohner und Pflegepersonal. Ein solches Näheverhältnis besteht auch bei einer Betreuung. Daran hält der Senat fest. Allerdings sieht der bereits vorliegende Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vor, dass einem Berufsbetreuer untersagt ist, vom Betreuten Geld oder geldwerte Leistungen anzunehmen, was auch für Zuwendungen durch ein Testament gilt. Hinzu kommt, dass die Betreuerin selbst die Notarin, mit der sie „vertraut“ war, beauftragte, und bei der Beurkundung des Testaments anwesend war, ohne dass hierfür ein ausreichender Grund bestand. Sie räumte ein, gedacht zu haben, dass durch ein notarielles Testament eine höhere Zuverlässigkeit in Sachen der Testierfähigkeit gegeben war und sie nach dem Tod des Erblassers mit der Notarurkunde unmittelbar auf die Erbschaft zugreifen konnte. Um die Testierunfähigkeit des Betreuten wusste sie. Außerdem gab der dem Erblasser unbekannte weitere Erbe zu, in drei anderen Fällen ebenfalls von für ihn unbekannten Erblassern zum Miterben eingesetzt worden zu sein.

Die Gesamtschau aller Umstände ergibt, dass das Testament sittenwidrig ist, unabhängig von der daneben bestehenden Testierunfähigkeit des Verstorbenen.

Praxistipp für Sie

Erfreulich ist, dass Gerichte bereits jetzt im Einzelfall den Mut finden, gegen unredliche Berufsbetreuer in solchen Situationen vorzugehen. Sie schützen damit lautere Berufsbetreuer ebenso wie die Betroffenen. Werden Sie hellhörig, wenn Ihr Betreuer wünscht, dass Sie ihn / sie zum Erben einsetzen sollen, rät Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth! Die Schnittstelle zwischen Erbrecht und Betreuungsrecht ist vielfältig. Sie können die dazu notwendigen Aspekte nachlesen in "Erbfall und Betreuungsrecht", einem Buch, das als derzeit nur eines von zwei auf dem Büchermarkt umfassend diese Thematik beleuchtet. Klicken Sie dazu einfach den Buchtitel an.

Fundstelle: OLG Celle, Urteil vom 7.1.2021 – 6 U 22/20

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09.03.2021
Vermächtnis über Grundstück einfordern

10 Jahre Verjährungsfrist beachten!

In einem neu entschiedenen Fall hat das Oberlandesgericht München geurteilt, dass die 10-jährige Verjährungsfrist auch für ein Vermächtnis über ein Grundstück gilt, wie Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand des nachstehenden Falles schildert:

Der Leitgedanke des Gerichts 

Der Anspruch auf Übertragung eines Grundstücks verjährt auch dann in 10 Jahren, wenn Grundlage der Übertragung ein Vermächtnis ist.

Der entschiedene Sachverhalt

Ein Ehepaar setzte sich in ihrem Testament gegenseitig zu Alleinerben ein. Im Schlusserbfall sollten die beiden Kinder zu gleichen Teilen erben. Zum Zeitpunkt des Todes des zweiten Elternteils vermachten die Eltern den Enkelkindern Grundbesitz. Der zweite Ehegatte verstarb im Februar 2009, die beiden zuletzt erbenden Kinder jeweils im Jahr 2019. Erst 2020 beantragten drei der insgesamt sieben Enkelkinder im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch, um ihre Grundstücksvermächtnis abzusichern und anzumelden. Dem versagte das Landgericht den Erfolg, die dagegen erhobene sofortige Beschwerde bleibt vor dem Oberlandesgericht München ebenfalls erfolglos.

Die tragenden Gründe der Entscheidung

Der Senat bestätigt, dass der Vermächtnisanspruch im Jahr 2020 bereits verjährt war. Der Anspruch entsteht bereits mit dem Anfall des Vermächtnisses, also in der Regel mit dem Todesfall. Weil es um die Übertragung von Grundeigentum geht, gilt die Verjährungsvorschrift des § 196 BGB. Für den Beginn der Verjährung kommt es alleine auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung an, was mit dem Tode der Eltern / Großeltern im Jahr 2009 der Fall war. Diese Verjährungsnorm greift nicht nur ein, wenn Grundstücke geerbt werden, sondern auch dann, wenn sie vermacht worden sind.

Die 10-Jahres-Frist des § 196 BGB begann am 01.01.2010 und endete zum 31.12.2019, sodass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung aus dem Jahr 2020 nicht mehr geeignet war, die Verjährung zu hemmen, denn diese war 2020 bereits abgelaufen.

Praxishinweis für Sie

Der Senat stellt klar, dass für Grundstücksvermächtnisse die 10-Jahres-Frist gilt, sofern kein abweichendes Testament etwas anderes vorgibt; die Verjährungsfrist kann per Testament nämlich verlängert werden, was häufig unbekannt ist, worauf Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth hinweist. Der Beschluss ist rechtskräftig, denn der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht zu. Auch wenn es sich lange anhört: 10 Jahre können im Erbrecht schnell vorbei sein, wie der Beschluss zeigt! Melden Sie also einen Vermächtnisanspruch rechtzeitig an!

Im übrigen verjährt ein Vermächtnis - wenn es kein Grundstück betrifft - bereits in nur 3 Jahren!

Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 18.02.2021 - 33 W 92/21

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Ausgezeichnet durch:

Capital 2022 Focus 2023 Focus 2022 Focus 2021 Focus 2020 WiWo 2021 WiWo 2019 WiWo 2019

Empfohlen durch:

WWF Christoffel Blindenmission Verband Wohneigentum e.V. OM Deutschland GBA Ships Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e.V. Geschenke der Hoffnung
In Kooperation mit:

Fachanwälte für Erbrecht Testamentsvollstrecker, Testamentsvollstreckung Mediation im Erbrecht