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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach

Aktuelles aus der Kanzlei

27.09.2018
Referat für childaid network

childaid hilft benachteiligten Kindern

Die Stiftung childaid network in Königstein / Taunus hilft in Gegenden, die zu den ärmsten und oft auch entlegensten der Welt gehören, benachteiligten Kindern.

Die konkrete Hilfe durch childaid

Kinder und Jugendliche, die keinen Zugang zu Bildung haben, werden durch direkte finanzielle und strukturelle Maßnahmen der Stiftung childaid network unterstützt und gefördert. Diese Hilfe beginnt schon, wenn Kinder die Kinderkrippe besuchen und zieht sich wie ein roter Faden der Unterstützung bis zum Ende einer erfolgreichen Berufsausbildung. Dadurch ist eine kontinuierliche und nachhaltige Hilfe gewährleistet.

Der Zugang zu Bildung ist eine der entscheidenden Schnittstellen im Leben eines Menschen; nicht zuletzt durch Zuwendungen mittels eines Testaments generiert die Stiftung ihre Mittel, um den Stiftungszweck zu erfüllen: ganz im Sinne greifbarer Hilfe für junge Menschen. 

Wo childaid hilft

Zu den vorrangig unterstützten Ländern durch childaid network gehören

  • Laos
  • Bangladesch
  • Indien (nordöstlicher Landesteil / Assam)
  • Nepal
  • Myanmar

Überall dort wird durch an die Stiftung zugewandte Vermächtnisse oder Erbschaften Hilfe angeboten.

Vortrag zum Erbrecht

Die Obrigheimer Erbrechtsexperten und Fachanwälte Wolfgang Roth und Thomas Maulbetsch haben ehrenamtlich die Arbeit der Stiftung childaid network durch einen umfangreichen Vortrag zum Erbrecht, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im September 2018 in Königstein unterstützt.

Der Informationsabend fand vor einer Vielzahl interessierter Zuhörer statt, die auch zahlreiche Fragen rund um das Erben und Vererben stellen konnten.

Weitere Information zur Stiftung childaid network finden Sie hier

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30.07.2018
Erbschaftsteuer minimieren bei Nachlasspflegschaft

Vorfälligkeitsentschädigung ist absetzbar

Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth aus Obrigheim erklärt eine neue Entscheidung des Finanzgerichts Münster, wonach eine vom Nachlasspfleger verursachte Vorfälligkeitsentschädigung bei der Erbschaftsteuer abgezogen werden kann. Das Finanzgericht (FG) Münster hat eine (allerdings noch nicht rechtskräftige) nicht alltägliche Entscheidung erlassen: es geht um von einem Nachlasspfleger ausgelöste Zahlungen, die bei der späteren Erbschaftsteuer abzugsfähig sind.

Der Leitgedanke des Finanzgerichts Münster

Wenn ein Nachlasspfleger zeitnah zu seiner Bestellung Nachlassimmobilien zur Schuldentilgung zu veräußern und tilgt er mit dem Erlös Darlehen des Erblassers, ist die dadurch ausgelöste Vorfälligkeitsentschädigung bei der Erbschaftsteuer der späteren Erben abzugsfähig.

Der entschiedene Sachverhalt

Für die unbekannten Erben der Erblasserin, die mehrere Nachlassimmobilien hinterließ, wurde Nachlasspflegschaft vom Nachlassgericht angeordnet. Auf den Immobilien der Verstorbenen lasteten zum Teil noch Darlehen, die bei ihrem Tod noch zurück zu zahlen waren.

Die Nachlasspflegerin verkaufte nach Einholung von Wertgutachten einen Teil der Immobilien, was durch das Gericht zuvor auch genehmigt worden war. Dann tilgte sie mit dem Kaufpreis die Darlehenstilgung und löste dadurch eine zu zahlende  Vorfälligkeitsentschädigung aus.

Gegen die später ermittelten Erben wurde Erbschaftsteuer festgesetzt. Einer der Erben begehrte die Abzugsfähigkeit der auf ihn anteilig entfallenen Vorfälligkeitsentschädigung, was das Finanzamt jedoch nicht akzeptierte. Der dagegen erhobenen Klage gibt das Finanzgericht statt, lässt aber die Revision zu.

Die tragenden Entscheidungsgründe

Nach § 10 V Nr. 3 S. 1 ErbStG sind als sonstige Nachlassverbindlichkeiten auch Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung dessen Erwerbs entstehen, abzugsfähig. Dies gilt allerdings nur dann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Maßnahme besteht, wozu ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang erforderlich ist wie der Bundesfinanzhof bereits 2013 ausgeurteilt hat. Der Begriff der "Nachlassregelungskosten" ist weit auszulegen und umfasst alle Kosten für die tatsächliche und rechtliche Feststellung des Nachlasses sowie diejenigen Kosten, die aufzuwenden sind, um die Erben in Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Aufwendungen zur Tilgung von Erblasserschulden oder zur Erfüllung von Erbfallschulden stellen solch abzugsfähige Kosten dar.

Was nicht abzugsfähig ist:

Nicht abzugsfähig sind nach § 10 V Nr. 3 S. 3 ErbStG jedoch Kosten für die Verwaltung des Nachlasses, die nur dazu dienen, den Nachlass zu erhalten, zu nutzen oder zu mehren. Das FG Köln hat allerdings 2009 entschieden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung zu solchen Verwaltungskosten gehört und daher nicht abzugsfähig ist. Kosten der Nachlassverwertung sind nur dann abzugsfähig, wenn die Nachlassversilberung zum Zweck der Erbauseinandersetzung notwendig ist oder letztwillige Anordnungen des Erblassers dies erforderlich machen.

Das FG Köln sieht es anders!

Vorfälligkeitsentschädigungen stellen nach der jetzigen Ansicht des FG Münster hingegen abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten dar; wenn der BFH unter dem Begriff der abzugsfähigen Nachlassregelungskosten alle Kosten einordnet, die aufzuwenden sind, um den Erben in den Besitz der Erbschaft zu setzen, können auch Aufwendungen für Maßnahmen des Nachlasspflegers unter diesen Aspekt der Nachlassregelungskosten zu subsumieren sein. Aufgabe des Nachlasspflegers ist die Nachlasssicherung, so dass schon die bloße Anordnung der Pflegschaft eine Maßnahme darstellt, um die Erben (später) in den Besitz der Erbschaft zu bringen. Die vom Nachlasspfleger aufgewendeten Vorfälligkeitsentschädigungen sind daher als Nachlassregelungskosten abzugsfähig. Dieser Steuerabzug wäre sogar dann möglich, wenn nicht der Nachlasspfleger, sondern die (späteren) Miterben die Darlehen im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft vorzeitig abgelöst hätten, denn dann wären die Kosten für die Verwertung des Nachlasses zum Zweck der Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig (§ 2046 Absatz 3 BGB). Wenn jedoch die im Rahmen der Erbauseinandersetzung angefallene Vorfälligkeitsentschädigung abzugsfähig ist, muss dies auch für die vorzeitige Ablösung der Darlehen im Rahmen einer Nachlasspflegschaft gelten, zumal die Veräußerung der Immobilie nur 3 Monate nach dem Tod der Erblasserin durch die Nachlasspflegerin bereits angekündigt worden war. Das Finanzamt muss daher den (anteiligen) Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung beim klagenden Erben im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung berücksichtigen.

Praxishinweis für Sie

Die Entscheidung ist im Interesse der Erben sehr erfreulich, können Sie doch die vom ehemaligen Nachlasspfleger verursachten Aufwendungen gemäß Ihrer Erbquote steuerlich geltend machen, wie Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth betont. Dies alles setzt allerdings voraus, dass sich der BFH im Revisionsverfahren der Ansicht des FG Münster anschließen wird, denn die Revision muss über die abweichenden Urteile der Finanzgerichte nun Klarheit herbeiführen.

Fundstelle: FG Münster, Urteil vom 12.4.2018 – 3 K 3662/16

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10.07.2018
Vorsorgevollmacht hilft auch im Erbscheinsverfahren

Bevollmächtigter darf eidesstattliche Versicherung abgeben

Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert an Hand einer aktuellen Entscheidung, warum es in der Praxis wichtig ist, eine Vorsorgevollmacht zu besitzen.

Der Leitgedanke der Entscheidung

Kann derjenige, der einen Erbschein beantragt, aus gesundheitlichen Gründen die dafür nötige eidesstattliche Versicherung nicht (mehr) abgeben, kann dies ein Vorsorgebevollmächtigter für ihn übernehmen.

Der zu entscheidende Sachverhalt

Die fast 100-jährige, demenzkranke Witwe hatte eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt. Nach dem Tod ihres Mannes stellte der Bevollmächtigte für sie einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Er versicherte selbst an Eides statt, dass er nichts wisse, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlassgericht lehnte den Erbscheinsantrag ab, da der Bevollmächtigte zur Abgabe der Versicherung nicht berechtigt war und forderte die Bestellung eines Betreuers als gesetzlichen Vertreters der Witwe. Der dagegen erhobenen Beschwerde gibt das OLG statt.

Die Leitgedanken der Entscheidung

Grundsätzlich muss der Antragsteller die Richtigkeit der im Erbscheinsantrag gemachten Angaben selbst an Eides statt versichern. Dabei kann er sich nicht vertreten lassen. Ist er jedoch gesundheitlich nicht imstande, die Versicherung abzugeben, kann dies ein gesetzlicher Vertreter, z.B. ein Betreuer, für ihn übernehmen. Er gibt die Erklärung dann allerdings als eigene und nicht für den Vertretenen ab. Ein Vorsorgebevollmächtigter steht dem gesetzlichen Vertreter gleich, da nach Sinn und Zweck des § 1896 Absatz 2 BGB durch die Vorsorgevollmacht die Betreuung vermieden und ersetzt werden soll. Laut der Generalvollmacht durfte der Vertreter die Witwe in allen vermögensrechtlichen und nicht - vermögensrechtlichen Angelegenheiten vertreten; sie umfasst ausdrücklich die Befugnis, Erklärungen abzugeben, zu denen ein gerichtlich bestellter Betreuer berechtigt ist. Ob die Witwe selbst oder deren Bevollmächtigter die eidesstattliche Versicherung abgeben muss, liegt im Ermessen das Nachlassgerichts. Der Senat erkennt wegen der erheblichen Demenz der Antragstellerin an, dass sie selbst die Versicherung nicht mehr abgeben kann, so dass dies der Bevollmächtigte tun kann. 

Praxishinweis für Sie

Ist der Vollmachtgeber/Betreute derart erkrankt, dass er selbst diese Erklärung nicht mehr abgeben kann, ist dazu der Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigte befugt, der jedoch die Erklärung als eigene und nicht für den Erkrankten abgibt. Umso wichtiger ist für die Gestaltung einer Vorsorgevollmacht, dass die Vorsorgevollmacht einen ausdrücklichen Hinweis auf die Aufgabenkreise enthält, die nach § 1896 Abs. 1 BGB auch für die Betreuung gelten.

Fundstelle: OLG Celle, Beschluss vom 20.6.2018 – 6 W 78/18 

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10.07.2018
Vorsorgevollmacht hilft auch im Erbscheinsverfahren

Bevollmächtigter darf eidesstattliche Versicherung abgeben

Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert an Hand einer aktuellen Entscheidung, warum es in der Praxis wichtig ist, eine Vorsorgevollmacht zu besitzen.

Der Leitgedanke der Entscheidung

Kann derjenige, der einen Erbschein beantragt, aus gesundheitlichen Gründen die dafür nötige eidesstattliche Versicherung nicht (mehr) abgeben, kann dies ein Vorsorgebevollmächtigter für ihn übernehmen.

Der zu entscheidende Sachverhalt

Die fast 100-jährige, demenzkranke Witwe hatte eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt. Nach dem Tod ihres Mannes stellte der Bevollmächtigte für sie einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Er versicherte selbst an Eides statt, dass er nichts wisse, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlassgericht lehnte den Erbscheinsantrag ab, da der Bevollmächtigte zur Abgabe der Versicherung nicht berechtigt war und forderte die Bestellung eines Betreuers als gesetzlichen Vertreters der Witwe. Der dagegen erhobenen Beschwerde gibt das OLG statt.

Die Leitgedanken der Entscheidung

Grundsätzlich muss der Antragsteller die Richtigkeit der im Erbscheinsantrag gemachten Angaben selbst an Eides statt versichern. Dabei kann er sich nicht vertreten lassen. Ist er jedoch gesundheitlich nicht imstande, die Versicherung abzugeben, kann dies ein gesetzlicher Vertreter, z.B. ein Betreuer, für ihn übernehmen. Er gibt die Erklärung dann allerdings als eigene und nicht für den Vertretenen ab. Ein Vorsorgebevollmächtigter steht dem gesetzlichen Vertreter gleich, da nach Sinn und Zweck des § 1896 Absatz 2 BGB durch die Vorsorgevollmacht die Betreuung vermieden und ersetzt werden soll. Laut der Generalvollmacht durfte der Vertreter die Witwe in allen vermögensrechtlichen und nicht - vermögensrechtlichen Angelegenheiten vertreten; sie umfasst ausdrücklich die Befugnis, Erklärungen abzugeben, zu denen ein gerichtlich bestellter Betreuer berechtigt ist. Ob die Witwe selbst oder deren Bevollmächtigter die eidesstattliche Versicherung abgeben muss, liegt im Ermessen das Nachlassgerichts. Der Senat erkennt wegen der erheblichen Demenz der Antragstellerin an, dass sie selbst die Versicherung nicht mehr abgeben kann, so dass dies der Bevollmächtigte tun kann. 

Praxishinweis für Sie

Ist der Vollmachtgeber/Betreute derart erkrankt, dass er selbst diese Erklärung nicht mehr abgeben kann, ist dazu der Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigte befugt, der jedoch die Erklärung als eigene und nicht für den Erkrankten abgibt. Umso wichtiger ist für die Gestaltung einer Vorsorgevollmacht, dass die Vorsorgevollmacht einen ausdrücklichen Hinweis auf die Aufgabenkreise enthält, die nach § 1896 Abs. 1 BGB auch für die Betreuung gelten.

Fundstelle: OLG Celle, Beschluss vom 20.6.2018 – 6 W 78/18 

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10.07.2018
Kosten des Erbscheins bei Ausnutzung des Erblassers

Gezerre um Erblasser rechtfertigt Aufhebung der Kosten

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass im Verfahren über den Erbschein die Kosten aufgehoben werden, wenn die Streitparteien zuvor den Verstorbenen instrumentalisiert hatten, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert.

Die Basis der Kostenentscheidung des OLG

Es liegt ein Ermessensfehler des Nachlassgerichts vor, wenn es sich im Erbscheinverfahren wegen der Kostentragungspflicht alleine danach orientiert, wer das Erbscheinverfahren gewinnt oder verliert. Setzt sich die in der Familie zuvor durchgeführte Instrumentalisierung des Verstorbenen im Erbscheinverfahren unter den Erben fort, ist es recht und billig, die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Der Sachverhalt des Erbscheinsverfahrens

Die Mutter setzte zunächst ihren Sohn in einen Erbvertrag zum Alleinerben ein. Dies bereute sie später und schloss mit ihrer Tochter neuen einen Erbvertrag, wonach sie beide Kinder zu Erben zu gleichen Teilen berief. Nach ihrem Tod beantragte der Sohn einen Alleinerbschein und stützte sich auf den ersten Erbvertrag. Das Nachlassgericht gab dem statt, nachdem Zeugen verhört werden mussten, weil sich die Tochter dagegen wehrte. Das Nachlassgericht bürdete der Tochter der Verstorbenen die Kosten der Beweisaufnahme sowie deren eigene und die Anwaltskosten ihres Bruders auf, da dies dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen entsprach. Der dagegen erhobenen Beschwerde gibt das OLG statt und hebt alle Verfahrenskosten gegeneinander auf.

Die tragenden Entscheidungsgründe

Das Beschwerdegericht darf nur prüfen werden, ob das Nachlassgericht das ihm eingeräumte Ermessen bei der Kostenverteilung fehlerfrei gebraucht hat. Das erstinstanzliche Gericht unterlag jedoch einem Ermessensfehler, da es nur auf das Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen abstellt. Es verkennt, dass beide Kinder ihre Mutter zu Lebzeiten „massiv“ instrumentalisierten und sich die innerfamiliären Konflikte im Erbscheinverfahren sozusagen fortsetzten. Dies ist bei der Auferlegung der Kosten ebenfalls zu beachten. Es ist billig und recht, aus diesen Gründen die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Praxishinweis für Sie

Das ein Familienstreit bis in das Erbscheinsverfahren hineinwirkt, ist nicht selten. Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf muss dieses Argument auch bei der Kostenentscheidung im Erbscheinverfahren berücksichtigt werden. Die Entscheidung gibt leider Anlass dazu, künftig bei Kostenbeschwerden „schmutzige Wäsche“ für familiäre Konflikte vorzutragen, um auch bei einem verlorenen Erbscheinverfahren nicht auf den gesamten Kosten sitzen zu bleiben, wie der Obrigheimer Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth erklärt.

Fundstelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.5.2018 – I-3 Wx 225/16 

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16.02.2018
Haftung der Bank bei Widerruf der Vollmacht durch Miterben

Ãœberweisung ohne Zustimmung aller Miterben ist unwirksam

Ihr Obrigheimer Erbrechtsexperte zeigt, wie Miterben die Bank in die Haftung nehmen können, wenn diese trotz Widerruf einer Vorsorgevollmacht durch einen Miterben Überweisungen vornehmen. Dazu hat jetzt das Landgericht Aachen ein entsprechendes Urteil erlassen.

Der Leitgedanke des Urteils

Wenn ein Miterbe die über den Tod hinaus gehende Vollmacht eines anderen Miterben wirksam gegenüber der Bank des Veerstorbenen gegenüber widerrufen hat, darf die Bank ohne Zustimmung aller Miterben keine Überweisungsaufträge zu Lasten des Erblasserkontos ausführen. Widrigenfalls hat sie die überwiesenen Beträge wieder auf das Konto des Erblassers zu erstatten.

Der entschiedene Sachverhalt

In einem notariellen Testament setze der Erblasser seine beiden Kinder zu Miterben ein und erteilte zugleich seinem Sohn eine Vorsorgevollmacht, die über seinen Tod hinaus gelten sollte. Nach seinem Tod widerrief die miterbende Tochter die Vollmacht gegenüber dem Bruder, was sie auch der kontoführenden Bank mitteilte.

Die Bank bestätigte per e-Mail, dass sie künftig nur noch Überweisungen zu Lasten des Girokontos des verstorbenen Kunden vornehmen werde, wenn beide Miterben damit einverstanden waren. Die Schwester gab ihrem Bruder gegenüber an, dass sie selbstverständlich daran "mitwirken werde, alle berechtigten und fälligen Rechnungen vom Konto der Erblasserbank zu bezahlen". Ohne Kenntnis der Miterbin führte die Erblasserbank Überweisungen zu Lasten des Nachlasskontos wegen offener Bestattungskosten aus, wobei allein der Sohn die Überweisungsformulare unterschreiben hatte. Die Tochter verklagte die Bank erfolgreich auf Erstattung der überwiesenen Gelder.

Die tragenden Gründe des Urteils 

Der Zahlungsanspruch ergibt sich aus der besonderen Vorschrift des § 675u Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die Zahlungsvorgänge waren nicht korrekt  "autorisiert", wie § 675 Absatz 1 Satz 1 BGB verlangt, da das Einverständnis mit den Überweisungen durch die Klägerin gerade nicht vorlag, was die Bank auch wußte: Nur die Erbengemeinschaft durfte noch gemeinsam über das Konto verfügen, denn der Vollmachtswiderruf führt dazu, dass die Zustimmung aller Miterben für Verfügungen über das Nachlasskonto notwendig wurde.

Die Erklärung der Miterbin, daran mitzuwirken, dass alle "berechtigten Rechnungen" vom Konto bezahlt werden können, betrifft nur eine Absprache der Miterben untereinander, weshalb sich die Bank darauf nicht berufen kann. Auch wenn die Bezahlung der Bestattungskosten eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses darstellt, kann die Mitwirkung daran nur von den Miterben untereinander, nicht aber von einem außenstehenden Dritten (der Bank), verlangt werden. In Folge dessen haftet die Bank auf Erstattung der zu Lasten des Erblasserkontos überwiesenen Gelder. 

Praxishinweis für Sie

„Bestattungskosten müssen sowieso bezahlt werden“, ist die in praktisch jedem Erbfall zu hörende Darstellung der Erblasserbanken zur „Rechtfertigung“ der Bezahlung dieser Verbindlichkeiten. Ist bei der Bank der Widerruf einer über den Tod hinaus geltenden Vollmacht eines Miterben bekannt, kann sie sich nicht auf diese in der Praxis gängige Regelung berufen, denn sie darf nicht darüber entscheiden, ob die Bezahlung der Rechnungen in Ordnung ist oder nicht oder sowieso hätte vorgenommen werden müssen; diese Entscheidung bleibt allein den Mitgliedern der Erbengemeinschaft vorbehalten. Überwiest die Bank dennoch die Rechnung, die nur ein Miterbe unterschrieben hat, macht sie sich schadenersatzpflichtig.

Das Urteil ist auch für Bankmitarbeiter von hoher Bedeutung, worauf Erbrechtsexperte Wolfgang Roth aus Obrigheim hinweist.

Fundstelle: LG Aachen, Urteil vom 18.01.2018 – 1 O 138/16

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09.01.2018
Notarielles Nachlassverzeichnis immer einforderbar

Notarielle Auskunft für Pflichtteil ist kein Rechtsmissbrauch

Fachanwalt für Erbrecht und Erbrechtsexperte Wolfgang Roth weist darauf hin, dass der Pflichtteilsberechtigte auch dann noch ein notarielles Nachlassverzeichnis fordern darf, wenn der Erbe bereits ein selbst erstelltes Verzeichnis vorgelegt hatte.

Der Leitgedanke des Oberlandesgerichts

Legt der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten ein selbst erstelltes Verzeichnis über den Nachlass vor, kann der Pflichtteilsberechtigte ohne Angabe von Gründen zusätzlich noch ein notarielles Verzeichnis verlangen. Dies ist weder rechtsmissbräuchlich noch als Schikane zu werten, wie das OLG erläutert.

Der entschiedene Sachverhalt

Nachdem der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten ein selbst angefertigtes, umfangreiches Nachlassverzeichnisses vorgelegt hatte, forderte jener ohne Angabe von irgendwelchen Gründen und kurz vor Eintritt der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs zusätzlich die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses nach § 2314 Absatz 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vom Erben. Im Rahmen einer pflichtteilsrechtlichen Stufenklage wurde der Erbe hierzu verurteilt.

Dagegen legte der Erbe Berufung ein. Der Senat weist mittels eines Hinweisbeschlusses darauf hin, dass die Berufung aussichtslos sein dürfte.

Die wichtigsten Gründe des Beschlusses

Das OLG München stellt dar, dass es die Anforderung eines notariellen Nachlassverzeichnisses auch dann nicht gesondert begründet werden muss, wenn bereits ein umfassendes, vollständiges und einheitliches Privatverzeichnis vom Erben vorgelegt wurde. Beide Auskunftsarten stehen kumulativ nebeneinander. Das notarielle Nachlassverzeichnis bietet dem Pflichtteilsberechtigten die Gewähr einer höheren Richtigkeit als ein Privatverzeichnis, da der Notar um vollständige und wahrheitsgemäße Angaben bemüht ist und dessen Verzeichnis Klarheit und Übersichtlichkeit erwarten lässt. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung.

Dass die Klage auf Vorlage des notariellen Verzeichnisses erst kurz vor Eintritt der Verjährung einen „pflichtteilsfremden Zweck“, nämlich die Verjährungshemmung der derzeit noch nicht bezifferten Pflichtteilsansprüche verfolge, ist nicht entscheidend. Einen Anspruch noch kurz vor Eintritt der Verjährung einzuklagen ist weder treuwidrig (§ 242 BGB) noch schikanös (§ 226 BGB): der Gesetzgeber sieht dafür den Rechtsweg vor, sodass eine Klage auch am letzten Tag des Fristablaufs eingereicht werden kann.

Praxishinweis für Sie

Selbst wenn sich der kooperative Erbe bemüht und alles tut, um die Auskünfte über den Nachlass durch sein Verzeichnis dem Pflichtteilsberechtigten so gut als möglich, vollständig und nach bestem Wissen und Gewissen zusammenzustellen, schwebt über ihm immer das "Damoklesschwert", dass er aufgefordert werden kann, ein notariellen Nachlassverzeichnisses erstellen zu lassen. Auch wenn der Erbe dies als Schikane empfindet, überschreitet das Verlangen des Pflichtteilsberechtigten nie die Grenze des Schikaneverbots nach § 226 BGB.

Die Kosten des notariellen Nachlassverzeichnisses trägt die Erbschaft; sie können vom Erben zumindest als eine seiner Nachlassverbindlichkeiten angesetzt werden; mit seiner Pflichtteilsquote "bezahlt" der Pflichtteilsberechtigte also das Verzeichnis mittelbar mit, worauf der Obrigheimer Erbrechtsexperte Roth hinweist.

Fundstelle: 

OLG München, Hinweisbeschluss vom 25.10.2017 – Aktenzeichen 18 U 1202/17

 

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13.12.2017
Keine Grundbuchumschreibung trotz Vorlage des Erbscheins

Erbe muss Erbschein notfalls mehrmals vorlegen

Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth erklärt einen Fall, wonach der Erbe trotz vorgelegtem Erbschein nicht im Grundbuch nach dem Erblasser eingetragen wird, weil die Mühlen der Justiz langsam mahlen.

Der Leitgedanke der Entscheidung

Wenn der Erbe seinen Erbschein beim Grundbuchamt vorzeigt, muss die Erbscheinsvorlage nochmals erfolgen, wenn die Grundbuchberichtigung nicht binnen weniger Wochen erfolgt.

Der entschiedene Sachverhalt beim Oberlandesgericht Dresden

Die verstorbene Mutter des Alleinerben war im Grundbuch für ihr Wohnhaus als Alleineigentümerin eingetragen. Der Alleinerbe begab sich persönlich zum Grundbuchamt und legte dort dem Sachbearbeiter die Ausfertigung seines Erbscheins vor. Der Rechtspfleger fertigte sich davon eine beglaubigte Abschrift an, die beim Grundbuchamt blieb; den Erbschein gab er dem Erben zurück. Mehrere Wochen lang erfolgte keine Grundbuchberichtigung. Nunmehr verlangte das Grundbuch eine erneute Vorlage des Erbscheins. Dem trat Erbe entgegen. Das OLG verschont den Alleinerben zumindest von den Kosten, vorlegen muss er den Erbschein aber noch einmal.

Die tragenden Gründe des Beschlusses

Auch in einfach gelagerten Fällen muss der Erbschein vorgelegt werden, um die Rechtsnachfolge zu beweisen. Das sieht die Grundbuchordnung (GBO) vor. Der Erbschein selbst muss aber zum Zeitpunkt der tatsächlichen Grundbuchberichtigung auf den Erben nicht unmittelbar vorliegen. Es reicht aus, wenn der Erbe den Erbschein zu seiner Legitimation „vorlegt“, weil sich dann das Grundbuchamt von der Echtheit des Erbscheins hinreichend überzeugen kann. Dann darf der Rechtsverkehr davon ausgehen, dass die Grundbuchberichtigung innerhalb einiger Tage, höchstens binnen weniger Wochen, geschehen wird. Erfolgt die Umschreibung dennoch nicht, muss angenommen werden, dass die Erbfolge nicht mehr durch den vorgelegten Erbschein nachgewiesen ist. Wenn mehrere Monate zwischen der Vorlage des Erbscheins und der angestrebten Grundbuchberichtigung liegen, muss deshalb der Erbschein nochmals dem Grundbuchamt vorgelegt werden. Da weder das Grundbuchamt wegen verzögerter Sachbearbeitung noch der Erbe durch die zunächst verweigerte, erneute Vorlage „optimal agiert“ haben, spricht der Senat den Erben zumindest von den Kosten frei.

Praxishinweis für Sie

Gegen den Beschluss ist Kritik angezeigt.

Mehr als dass der im Erbschein ausgewiesene Alleinerbe den Erbschein einmal dem Grundbuchamt persönlich (!) vorlegt, kann man eigentlich nicht erwarten, zumal sich der Sachbearbeiter im Grundbuchamt selbst noch eine beglaubigte Abschrift herstellte und den Erbschein zurückgab. Die in der Amtsorganisation liegende Verzögerung von mehreren Monaten, innerhalb derer es zu keiner Grundbuchberichtigung kam, führt aber laut Oerlandesgericht Dresden nunmehr dazu, dass die Erbfolge zur Grundbuchberichtigung durch nochmals vorzunehmende Vorlage des Erbscheins nachzuweisen ist.

Eine Zeitgrenze, innerhalb derer die erneute Vorlage nicht verlangt werden darf, stellt der Senat allerdings nicht auf, wenn er eine Zeitspanne von mehreren Wochen (innerhalb derer keine neue Vorlage notwendig ist) und „mehreren Monaten“ vorgibt. Der Beschluss führt vor allem für die Grundbuchämter zur Verunsicherung, die im Zweifel nochmals den Erbschein anfordern werden, je nachdem wie lange der Sachbearbeiter braucht, um die Umschreibung des Grundbuchs vorzunehmen.

Viel sinnvoller wäre es gewesen, wenn der Senat einen festen Zeitraum bestimmt hätte, innerhalb dessen die Umschreibung hätte vorgenommen werden dürfen, ohne den Erbschein nochmals zu verlangen, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth anmerkt.

Fundstelle: OLG Dresden, Beschluss vom 28.9.2017 – 17 W 875/17 

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11.12.2017
Entzug des Pflichtteils bei Gebrauch einer Schusswaffe

Pflichtteilsentzug auch ohne Strafurteil möglich

Darf die Mutter dem Sohn per Testament den Pflichtteil entziehen, wenn jener mit einer Schreckschusspistole dem Stiefvater ins Gesicht schießt?

Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth erläutert zum Pflichtteilsentziehung ein Urteil des Landgerichts (LG) Saarbrücken.

Der Leitgedanke des LG Saarbrücken

Schießt der Pflichtteilsberechtigte mit einer Schreckschusspistole dem Stiefvater ins Gesicht, darf die leibliche Mutter dem Sohn den Pflichtteil auch dann entziehen, wenn der Sohn deswegen strafrechtlich gar nicht verurteilt wurde.

Der zu entscheidende Sachverhalt des LG

Die Verstorbene, gemeinsam mit ihrem Ehemann Selbstmord beging aber zuletzt verstarb, hinterließ zwei Söhne. Sie beerbte zunächst alleine ihren Ehemann wegen eines Ehegattentestaments. Ungefähr 13 Jahre zuvor hatte sie in einer notariellen Urkunde ihren Sohn enterbt und eine Pflichtteilsentziehung angeordnet. Dazu wurde in der Urkunde niedergelegt, dass der Sohn sie zunächst beschimpft und bedroht hatte und er nachts bewaffnet bei ihr in die Wohnung eindrang und sie mit dem Tod bedrohte. Mit einer Waffe im Rücken überfiel er später seinen Stiefvater und schoss ihm ins Gesicht. Der Vorfall wurde zwar von der Polizei aufgenommen, die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jedoch ein. Nach dem Tod der Mutter klagte der Sohn gegen mittels Testament bedachten Erben auf seinen Pflichtteil. Das Landgericht weist bereits die gesamte Stufenklage ab.

Die tragenden Gründe des Landgerichts

Die Mutter hat dem Sohn gemäß § 2333 Absatz 1 Nr. 2 BGB den Pflichtteil wirksam entzogen, denn er hat sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Ehegatten der Erblasserin schuldig gemacht, wobei für die Schwere des Vergehens auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.

Der Kläger gab in der Beweisaufnahme und Anhörung selbst zu, dass er mit der Sportluftpistole geschossen hatte. Sein Bestreiten, dass er auf den Stiefvater gezielt habe, ist durch den in der notariellen Urkunde dargelegten Kernsachverhalt unbeachtlich. Durch sein Verhalten hat er die Verletzung des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen, was eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses auch in Bezug auf die verstorbene Mutter als Erblasserin darstellt, denn hierin liegt eine schwere Verletzung der der Erblasserin geschuldeten familiären Achtung. Da der Kernsachverhalt, der in der Notarurkunde aufgenommen ist, zusammen mit der eigenen Aussage des Sohnes für das Landgericht bewiesen ist, wurde ihm der Pflichtteilsanspruch zu Recht entzogen. Einer strafrechtlichen Verurteilung wegen des Entziehungsgrundes bedarf es dafür nicht. Da auch eine vom Kläger behauptete Verzeihung (§ 2337 Satz 1 BGB) nicht bewiesen ist, ist die Stufenklage erfolglos.

Praxishinweis für Sie

Es immer wieder erstaunlich, mit welcher Dreistigkeit Kinder, denen der Pflichtteil wegen eines erheblichen Fehlverhaltens entzogen wurde, dennoch auf ihre Pflichtteilsberechtigung pochen. Die dazu nötigen Voraussetzungen in Zusammenschau mit der prozessualen Darlegungs- und Beweislast machen es den Erben schwer, sich gegen dieses Verlangen in der Praxis zu wehren. Erfreulicher Weise weist das LG auch die Behauptung, eine Verzeihung nach § 2337 BGB sei durch einen zumindest losen späteren Kontakt des Klägers mit seiner Mutter gegeben, zurück. Damit verliert der Sohn nicht nur den Pflichtteils-, sondern auch seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Fundstelle: LG Saarbrücken, Urteil vom 15.2.2017 – 16 U 210/13

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08.09.2017
Geldentschädigung ist nicht vererblich

Mittäter im KZ Sobibor stirbt während Gerichtsverfahren

An Hand eines nicht alltäglichen Falles, der sich um das ehemalige Vernichtungslager Sobibor dreht, hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Grundsatzentscheidung zur Vererbbarkeit von Ansprüchen auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung getroffen, den Fachanwalt für Erbrecht und Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert:

Der Leitgedanke des Bundesgerichtshofs

Hat der wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung Geschädigte einen Geldentschädigungsanspruch rechtshängig gemacht und stirbt er während des Gerichtsverfahrens, ist dieser Anspruch nicht vererblich und kann von seinen Erben nicht mehr weiter verfolgt werden.

Der zu entscheidende Sachverhalt

Die Klägerin beerbte den Ehemann, der vom Landgericht München II wegen dessen ehemaligen Tätigkeiten im Vernichtungslager Sobibor wegen mehrfacher Beihilfe zum Mord an Juden im Jahr 1943 zu einer Freiheitsstrafe erstinstanzlich verurteilt wurde. Während des strafrechtlichen Revisionsverfahrens verstarb er. Über den Prozessverlauf und dessen Hintergründe berichtete ein Internetportal unter voller Nennung des Namens des Erblassers.

Dagegen erhob der Verstorbene selbst noch Klage auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung gegen den Portalbetreiber. Nach Zustellung und damit eingetretener Rechtshängigkeit der Klage verstarb der Erblasser, woraufhin seine Witwe als Alleinerbin den Prozess fortführte. Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz blieb die Klage erfolglos. Der BGH weist die Revision der Klägerin zurück.

Die Entscheidungsgründe

Jüngst hatte der Senat bereits ausgeurteilt, dass der Anspruch auf Geldentschädigung wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jedenfalls dann unvererblich ist, wenn der Erblasser bereits stirbt, bevor vom Gericht die Klage dem Beklagten überhaupt zugestellt worden ist.

Die Unvererblichkeit gilt auch dann, wenn der Erblasser erst nach der Klagezustellung (sog. Rechtshängigkeit) stirbt, denn die Rechtshängigkeit bildet keine Ausnahme von der grundsätzlichen Unvererblichkeit dieses Anspruchs, wie der Senat nun seine vorgenannte Rechtsprechung ergänzt. Dies folgt aus der Streichung der bis zum 30.6.1990 geltenden Fassung des § 847 I 2 BGB a. F. der diesen Anspruch hergab. Aus dem Gesetzgebungsverfahren ist kein gesetzgeberischer Wille erkennbar, dass ein solcher Anspruch vererblich ausgestaltet werden sollte; andernfalls wäre trotz der Streichung der sich aus dieser Vorschrift ergebende Anspruch ausdrücklich als verblich eingestuft worden.

Auch die allgemeine Rechtsordnung enthält keinen Grundsatz, woraus die Vererblichkeit dieses rechtshängig gemachten Anspruchs abzuleiten wäre. Bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht allein im Rahmen der Zuerkennung einer Geldentschädigung bei einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung regelmäßig der Genugtuungsgedanke im Vordergrund. Diese Genugtuungsfunktion kommt nur dem Verletzten zugute. Sie kann ihre Wirkung jedoch erst entfalten, wenn der Anspruch auf Geldentschädigung rechtskräftig durch ein Gerichtsurteil zugesprochen worden ist. Den Geldentschädigungsanspruchs nur einzuklagen bringt noch keine Genugtuung zu Gunsten des Verletzten, weshalb auch bereits rechtshängige, aber noch nicht abschließend ausgeurteilte Geldentschädigungsansprüche unvererblich sind. Die Genugtuung für den Verletzten entsteht erst mit rechtskräftiger Verurteilung des Schädigers zu einer Zahlung. Erst ab diesem Zeitpunkt kann dieser Anspruch folgerichtig vererblich sein.

Praxishinweis für Sie

Die Genugtuungsfunktion dieses Anspruchs kommt dem Verletzten erst dann zugute, wenn er ein rechtskräftiges Urteil gegen den Schädiger hat. Zuvor besteht allenfalls eine – ungesicherte – Aussicht hierauf. Da die Genugtuungsfunktion alleine in der Person des Geschädigten bei dieser Art von Ansprüchen eintreten kann, sind solchermaßen noch nicht rechtskräftig entschiedene Ansprüche unvererblich, denn nur die Zustellung der Klage ändert an der noch nicht eingetretenen Genugtuungsfunktion nichts, wie Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth erläutert.

Fundstelle: BGH, Urteil vom 23.5.2017 – VI ZR 261/16 

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