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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim bei Mosbach

Aktuelles aus der Kanzlei

01.12.2023
Mittig unterschriebenes Testament gilt nicht

Unwirksames Testament, wenn Unterschrift nicht unten steht

Das Oberlandesgericht München (OLG) hat entschieden, dass ein Testament unwirksam ist, wenn die Unterschrift des Testators nur innerhalb des Testamentstextes steht. Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert den entschiedenen Fall für Sie:

Der Leitgedanke des Gerichts

Befindet sich die Unterschrift des Errichters eines Testaments nicht unter dem Testamentstext, um diesen abzuschließen, sondern in der Mitte des Testaments und wird die Person des Erben erst unterhalb der Unterschrift genannt, ist das ganze Testament unwirksam.

Der entschiedene Sachverhalt

Eine Dame errichtet ein handschriftliches Testament, in dem sie zunächst ihr Vermögen auflistete und dass sie dies alles „vermachen“ wollte. Diese Erklärung unterschrieb sie. Erst im Anschluss daran setzte sie denjenigen ein, der dies alles erhalten sollte, nämlich ihren Neffen. Den Zusatz unterschrieb sie nicht mehr, sondern steckte ihre Verfügung in einen Briefumschlag mit der Aufschrift „Testament“. Nach ihrem Tod beantragte der Neffe einen Alleinerbschein, den ihm das OLG letztendlich versagt.

Die tragenden Gründe der Entscheidung

Das Testament ist nicht von der Erblasserin unterschrieben und daher nichtig. Die Formvorschriften für Testamente dienen dazu, dass sich der Erblasser darüber klar wird, welchen Inhalt seine Verfügung von Todes wegen haben soll und dass bloße Vorüberlegungen und Entwürfe eine Nachfolgeregelung von der letztendlich maßgebenden letztwilligen Verfügung exakt abgegrenzt werden. Erst mit der Unterschrift bekennt sich der Erblasser zu dem errichteten Testamentstext und schließt ihn räumlich ab. Somit werden unwirksame, nachträgliche Ergänzungen und Zusätze von diesen Vorüberlegungen ausgeschlossen.

Die Unterschrift muss also den Mindestinhalt eines Testaments räumlich abschließen. Änderungen oder nachträgliche Ergänzungen sind ebenfalls zu unterzeichnen, wenn sie wirksam sein sollen.

Die Erblasserin konkretisiert zwar ihren Nachlassumfang an Hand der Vermögensaufstellung und beschreibt damit ihr Vermögen; mit der Aufstellung hatte sie aber nicht erbrechtlich verfügt, weil sie damit noch nicht angab, wer dies erben sollte. Die Benennung des Erben ist ein solche Verfügung, die aber gerade nicht unterschrieben worden war. Die letztendlich geschaffene Klarheit über ihren Erben hatte sie daher nicht vor Anbringung der Unterschrift gehabt, weshalb mangels Unterschrift das Testament formnichtig ist.

Praxishinweis für Sie

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Ergänzungen, Nachträge oder spätere Änderungen, die nach der Unterzeichnung des Testamentstextes vorgenommen werden, nochmals unterschrieben werden sollten, um wirksam zu sein. Der Senat weist im Sachverhalt auch darauf hin, dass eine Publikation, nämlich ein Erbrechtsratgeber auf dem Wohnzimmertisch der Erblasserin vorgefunden wurde, aus dem sich das Erfordernis der Unterschrift mit vollem Namen ergab. Auch hieraus wird der Schluss gezogen, dass sich die Verstorbene über die Wichtigkeit der anzubringenden Unterschrift im Klaren war. Die Bezeichnung als „Testament“ auf dem Umschlag, in welchem es verwahrt wurde, stellt laut OLG nur eine Inhaltsangabe hinsichtlich des Kuverts dar und ersetzt die fehlende Unterschrift nicht.

Fundstelle: OLG München, Beschluss v. 25.8.2023 – 33 Wx 119/23 e 

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08.11.2023
Herausgabeanspruch gegen Bevollmächtigten

Missbrauch der Vorsorgevollmacht führt zur Rückgabe

Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert den in der Praxis häufig auftretenden Fall, der um die Rückzahlung von Geld handelt, das auf Grund einer Vorsorgevollmacht vom Konto des Verstorbenen entnommen worden war; folgende Konstellation musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Brandburg entscheiden:

Der Leitgedanke des Gerichts

Kann die vor dem Tod des Erblassers von diesem Bevollmächtigte nicht beweisen, dass sie das aufgrund der Vollmacht von dessen Konto Erlangte gemäß den Weisungen des Erblassers entnommen bzw. verbraucht hat, ist sie den Miterben gegenüber zur Erstattung verpflichtet.

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26.10.2023
Neuauflage

Buch zur Testamentsvollstreckung aktualisiert

Der im dtv-Verlag erschienene Rechtsberater "Testamentsvollstreckung - richtig anordnen, durchführen und kontrollieren" wurde neu aufgelegt und in der inzwischen 4. Auflage auch inhaltlich aktualisiert.

Nach dem Tod des bisherigen Mitautors Bernhard Klinger ist als neuer Co-Autor zu RA Wolfgang Roth Herr Fachanwalt für Erbrecht Ludger Bornewasser, München, dazugestossen und hat die bisher von RA Klinger bearbeiteten Buchabschnitte neu bearbeitet.

Das Werk wurde insgesamt überarbeitet und auf den neuesten Stand der Rechtsprechung und Gesetzeslage gehoben.

Das Buch kann hier bestellt werden:  https://www.beck-shop.de/bornewasser-klinger-roth-testamentsvollstreckung/product/33167241

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17.10.2023
Keine Erbschaft für Pflege

Wer bis zum Tod pflegen soll, wird nicht Erbe

Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert einen neuen, vom OLG München entschiedenen Fall, wonach die Erbeinsetzung aufgrund von Pflege und Betreuung versagt wurde:

Der Leitgedanke des Gerichts

Wird jemandem per Testament das gesamte Vermögen zugewiesen, wenn diese Person den Erblasser „bis zum Tode pflegt und betreut“, liegt darin auch dann keine Erbeinsetzung, wenn die pflegende Person zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung namentlich benannt wird.

Der entschiedene Sachverhalt

Die Erblasserin erstellte handschriftlich ein Testament und bestimmte die Person, die sie bis zu ihrem Tode pflegt und betreut als diejenige, die das gesamte Vermögen bekommen soll. Sie benannte dazu eine sie „zurzeit“ pflegende Dame. Jene beantragte nach deren Tode einen Alleinerbschein, den das Nachlassgericht erteilen wollte. Der dagegen erhobenen Beschwerde gibt das OLG München statt.

Die tragenden Gründe des Senats

Eine Erbeinsetzung enthält das Testament laut Senat nicht, da die Namensnennung der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung pflegenden Dame nur beispielhaft erfolgte. Sie sollte nur dann Erbin werden, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllte. Dazu muss das Testament ausgelegt werden. Ein Erbe ist dann korrekt bestimmt, wenn er nach dem Erblasserwillen den Nachlass regeln, insbesondere Nachlassschulden tilgen und zugleich unmittelbare Rechte am Nachlass haben soll. Ausgangspunkt für die Auslegung ist das, was die Erblasserin mit ihren Worten im Testament sagen wollte. Die Verwendung des Wortes „derzeit“ als die Erblasserin pflegende Person spricht dafür, dass die damalige Pflegende nur beispielhaft erwähnt wurde. Vielmehr schuf die Erblasserin nur die Bedingungen und Voraussetzungen (Pflege und Betreuung), welche jemand erfüllen sollte, um Erbe zu werden. Die Auswahlkriterien für die zeitliche, örtliche oder umfangmäßig vorzugebende Pflege und Betreuungstätigkeit fehlen im Testament. Dasjenige, was die Erblasserin konkret unter ihrer „Pflege und Betreuung“ verstanden haben wollte, tritt nicht zu tage, ebenso unklar ist, ob Pflege und Betreuung synonym im Testament verwendet wurden oder beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen mussten, um die genannte Person zum Erben einzusetzen. Mangels Aufklärungsmöglichkeit führt die Testamentsauslegung nicht zur Erbeinsetzung der genannten Person, so dass die gesetzliche Erbfolge eingreift und der Beschwerde stattgegeben wird.

Praxishinweis für Sie

Der nachvollziehbare Wunsch, dass derjenige, der sich um den Erblasser in alten und kranken Tagen kümmert zum Erbe eingesetzt wird, muss konkret im Testament ausformuliert werden. Insbesondere Art und Umfang der Pflegetätigkeit ggf. der Ort (Pflege zu Hause) und sonstige Kriterien, welche nach dem Tode des Testators eine konkrete Prüfung dieser Bedingung ermöglichen, dürfen im Testament nicht fehlen, andernfalls verhilft eine solch allgemeine Formulierung nicht zur Erbeinsetzung.

Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 15.9.2023 – 33 Wx 38/23e 

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01.10.2023
BGH entscheidet zu untätigem Notar

Kein Beschwerderecht des Pflichtteilsberechtigten gegen untätigen Notar

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine für die pflichtteilsrechtliche Praxis weitreichende Entscheidung getroffen, die ihnen Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert:

Der Leitgedanke des BGH:

Erstellt ein Notar ein Nachlassverzeichnis in einem Verfahren über den Pflichtteil nicht, obwohl er den Auftrag vom Erben hierzu übernommen hat, kann der Pflichtteilsberechtigte gegen den untätigen Notar keine Notarbeschwerde erheben.

Der (verkürzte) Sachverhalt:

Der Pflichtteilsberechtigte erstritt bei Gericht gegen die Erbin ein Urteil auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Ein von der Erbin damit beauftragter Notar bleibt untätig, woraufhin der Pflichtteilsberechtigte eine Notarbeschwerde erhebt. Im Instanzenzug versagt der BGH der Beschwerde allerdings den Erfolg.

Die tragenden Gründe des Beschlusses:

Dem Pflichtteilsberechtigten fehlt die sogenannte materielle Beschwer nach §§ 15 II 3 BNotO i. V. m. 59 I, II FamFG, also die Befugnis, sich überhaupt direkt gegen den Notar beschweren zu dürfen. Allein der Erbe beauftragt den Notar mit der Verzeichniserstellung, sodass auch nur dieser gegen dessen Untätigkeit vorgehen kann. Die sich aus der Bundesnotarordnung (BNotO) ergebenden Vorschriften dienen nicht dem Schutz des Pflichtteilsberechtigten, da jener nur in seinen wirtschaftlichen Interessen bei Notaruntätigkeit betroffen wird, nicht aber in rechtlicher Hinsicht. Dies führt dazu, dass ihm ein eigenes Beschwerderecht nicht zusteht.  

Praxishinweis für Sie:

Ein Zwangsmittel gegen einen untätigen Notar hat der Pflichtteilsberechtigte nicht, wie nun letztinstanzlich entschieden wurde. Der Pflichtteilsberechtigte steht vor einem in der Praxis nicht selten auftretenden Problem, wenn der Notar das Nachlassverzeichnis verzögert oder gar nicht erstellt. Gegen den Notar selbst und direkt kann er laut BGH nicht vorgehen. Er muss sich vielmehr an den Erben halten, gegen den gegebenenfalls durch das Gericht ein Zwangsgeld festzusetzen ist; dem Erben hingegen ist der Weg über die Untätigkeitsbeschwerde ausdrücklich eröffnet, da er dem Notar gegenüber der Auftraggeber und bei Untätigkeit beschwerdeberechtigt ist.

Wie ist also vorzugehen in diesen Fällen?

  1. Setzen Sie dem Erben eine Frist, bis zu welcher er das notarielle Verzeichnis vorlegen soll
  2. Ist die Frist verstrichen, beantragen Sie ein Zwangsgeld gegen den Erben beim Vollstreckungsgericht
  3. Ist der Zwangsgeldbeschluss erlassen, setzen Sie dem Erben unter Androhung, das Zwangsgeld beizutreiben, eine weitere Frist zur Vorlage des Verzeichnisses
  4. Ist auch diese Frist verstrichen, lassen Sie das Zwangsgeld gegen den Erben durch den Gerichtsvollzieher beitreiben (Achtung: Das Zwangsgeld steht nicht dem Pflichtteilsberechtigten, sondern der Staatskasse zu!)

Fundstelle: BGH, Beschluss vom 19.07.2023 – IV ZB 31/22 

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15.09.2023
Kostentragung für Vermächtnis

Kostentragung trotz Trauer

Das Landgericht (LG) Heilbronn hat entschieden, dass derjenige die Verfahrenskosten auch dann tragen muss, der ein Vermächtnis wegen starker Trauer vorläufig nicht erfüllt, wie Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand dieses neu entschiedenen Falls erläutert:

Der Leitgedanke des Gerichts:

Wird ein Geldvermächtnis eingeklagt, trägt der Erbe die Prozesskosten auch dann, wenn er durch den Tod des Erblassers aufgewühlt oder psychisch belastet ist.

Der entschiedene Sachverhalt

Die Verstorbene setzte mit ihrem Testament eine Alleinerbin ein und ordnete zu Gunsten der späteren Klägerin ein Geldvermächtnis an. Das Vermächtnis wurde ca. 3,5 Monate nach dem Tod der Erblasserin zur Zahlung angefordert. Die Erbin fragte per E-Mail nach der Bankverbindung der Bedachten an, was ihr mitgeteilt wurde. Mangels Zahlung forderte der daraufhin eingeschaltete Rechtsanwalt nochmals das Geldvermächtnis an und erhob kurz darauf Zahlungsklage zum Landgericht. Vor der Weiterleitung der Klageschrift an die Erbin erfolgte die Zahlung, woraufhin die Klage zurückgenommen wurde. Das LG legt der beklagten Erbin die gesamten Kosten des Rechtsstreits auf.

Die tragenden Gründe der Entscheidung

Der Einwand, sie sei nach dem Tod aufgewühlt und psychisch sehr belastet gewesen, rechtfertigt nicht, den Verzugseintritt zu verneinen. Krankheitsbedingte Einschränkungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn die psychischen Belastungen es rechtfertigen, eine Banküberweisung nicht zu tätigen. Nur dann wäre zu überlegen, ob das Verschulden der vorläufigen Nichterfüllung die Verzugsfolgen (hier: die Kosten zu tragen) entfallen lässt. Da die Bankverbindung angefragt wurde und das vorgelegte Arztattest nicht erkennen lässt, weshalb eine einfache Geldüberweisung aufgrund der psychischen Belastungen nicht möglich gewesen sein soll, ist die ausgesprochene Kostenfolge zu bejahen.

Praxishinweis für Sie

Nicht selten „verteidigen“ sich zahlungspflichtige Erben mit dem Argument, sie seien krankheits- oder altersbedingt nicht in der Lage, ihren erbrechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zu Recht lässt das LG diese durch nichts belegten Argumente in kostenrechtlicher Hinsicht nicht gelten. Nur wenn ein Arzt bestätigt, dass die Trauer und damit verbundene seelische Belastung dazu führen, eine Überweisung nicht tätigen zu können, wäre dies anders zu sehen. Dann fragt sich, ob die Erledigung der Zahlung nicht auch durch eine Person erfolgen könnte, die eine Vorsorgevollmacht innehat.

Fundstelle: 

LG Heilbronn, Beschluss vom 18.07.2023 – I 3 O 117/23 

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11.09.2023
Mehrere Auszeichnungen als TOP Erbrechtsanwalt

FOCUS SPEZIAL + WirtschaftsWoche zählen FAErbR Roth auch 2023 zu Deutschlands TOP Ebrechtsanwälten

Qualität zahlt sich aus:

Wie schon in den letzten Jahren hat das Magazin FOCUS SPEZIAL - TOP - ANWÄLTE DEUTSCHLANDS Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth wieder unter Deutschlands 77 Top-Juristen im Erbrechtsbereich aufgenommen. In der Sonderausgabe des FOCUS, die im September 2023 erschien, wurden "exzellente Anwälte und Kanzleien" für spezielle Rechtsgebiete - auch für das Erbrecht - ausgewählt. Auch durch CAPITAL (Heft 06/2021) erfolgte die Auszeichnung als eine der deutschlandweit führenden Erbrechtskanzleien Deutschlands.

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02.09.2023
Steuer für Nacherbe

Besteuerung der Nacherbschaft verfassungsgemäß

Die Besteuerung des Vor- und Nacherben, die von der Erbfolge laut Testament im Zivilerbrecht abweicht, ist nach einer neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zulässig, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert

Der Leitgedanke des BFH

Wird der Vor- bzw. Nacherbe erbschaftsteuerlich in abweichender Weise vom zivilrechtlichen Erbrecht besteuert, ist dies zulässig und verfassungsgemäß.

Der entschiedene Sachverhalt

Die verstorbene Ehefrau setzte ihren Ehemann zum Vorerben, zwei ihrer drei Kinder zu Nacherben ein. Nach dem späteren Tod des Vaters wurde dieser von den beiden Kindern ebenfalls hinsichtlich seines Nachlasses beerbt. Das Finanzamt setzte Werte für die Immobilien der vorverstorbenen Erblasserin fest und rechnete diese allerdings dem Nachlass des nachverstorbenen Vaters zur Festsetzung der Erbschaftsteuer zu. In allen Instanzen verliert die Nacherbin mit ihrem Einwand, dass das Immobilienvermögen nicht dem väterlichen, sondern dem zuvor vorhandenen mütterlichen Nachlass für die Besteuerungsgrundlage zuzurechnen sei.

Die tragenden Entscheidungsgründe 

Der BFH weist darauf hin, dass die erbschaftsteuerliche Behandlung von Vor- und Nacherbschaft nach § 6 ErbStG in zulässiger Weise teilweise von der Systematik des Zivilrechts abweist. Dies entspricht dem gesetzgeberischen Willen. Zwar erben der Vor- und Nacherbe zivilrechtlich zeitlich nacheinander vom selben Erblasser, nur zeitlich versetzt, dennoch gilt der Anfall der Nacherbschaft in erbschaftsteuerlicher Hinsicht nach § 6 ErbStG grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Insoweit bestimmt § 6 I ErbStG den Vorerben als "Erben", dessen Erwerb in vollem Umfang der Erbschaftsteuer unterliegt; demnach haben beim Eintritt der Nacherbfolge die Nacherben nach § 6 II 1 ErbStG den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Für die Erbschaftsteuer unterstellt die Norm also, dass der Nacherbe Erbe des Vorerben wird. Dies gilt auch dann, wenn die Nacherben zugleich im Schlusserbfall Erben des Vorerben werden, auch wenn zivilrechtlich zwei getrennte Erbfälle vorhanden sind. Gleichwohl liegt erbschaftsteuerrechtlich ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben vor. Die Abweichung der Besteuerungsgrundlage vom Zivilrecht liegt innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Grenzen, so dass kein Verfassungsverstoß vorliegt.

Praxishinweis und Lösungsmöglichkeit

Die Entscheidung zeigt einen der wenigen Sonderfälle auf, in welchen die Erbschaftsteuerliche Behandlung nicht den zivilrechtlichen Vorgaben folgt. Bei Testamentsgestaltungen muss auf diese steuerliche Folge seitens des Erbrechtsberaters hingewiesen werden. „Rettung“ kann in steuerlicher Hinsicht, § 6 II 2-5 ErbStG bieten, wonach auf Antrag die Versteuerung nach dem Verhältnis des Nacherben zum (ursprünglichen) Erblasser zugrunde zu legen ist. Weiteres zur Vor- und Nacherbschaft finden Sie in den Publikationen Ihres Erbrechtsspezialisten Wolfgang Roth.

Fundstelle: BFH, Beschluss vom 28.6.2023 – II B 79/22 

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02.08.2023
Vortrag bei der VoBa Mosbach

Veranstaltung der Erbrechtsexperten bei Volksbank in Mosbach

Eine gelungene Veranstaltung führte die Volksbank Mosbach mit 3 Erbrechtsexperten für ihre Kundinnen und Kunden sowie einer interessierten Zuhörerschaft durch.


Der Steiner-Saal in Mosbach war mit 160 Anwesenden voll besetzt, die sich zum Erbrecht, der Testamentsgestaltung, zur lebzeitigen Immobilienübergabe und der familieninternen Nachfolgeplanung informierten.
Auf facebook postete der Veranstalter die anliegende Mitteilung.
Erbrechtsexperte Wolfgang Roth dankt der Volksbank für die Einladung und diese Möglichkeit, die Öffentlichkeit über die Fallstricke bei der Gestaltung eines Testaments informieren zu dürfen. Angesprochen wurde insbesondere auch das Instrument der Testamentsvollstreckung als "Königsweg", um eine Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen.
Eine kurze Erläuterung hierzu finden Sie auch auf diesem video Ihres Erbrechtsspezialisten Wolfgang Roth.

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01.08.2023
Erbteilung vereinfachen

Erbengemeinschaft Schritt für Schritt auseinandersetzen

Ihr Erbrechtsexperte Rechtsanwalt Wolfgang Roth, Obrigheim, zeigt Wege auf, um eine Erbengemeinschaft Schritt für Schritt auseinanderzusetzen:

Der Gesetzgeber sieht vor, dass eine Erbengemeinschaft durch einen einzigen Aufteilungsschritt aufgelöst wird. Idealer Weise sollen zu diesem Zeitpunkt der Nachlass teilungsreif sein und alle Miterben hierzu ihre Zustimmung erteilen. Es gibt aber Möglichkeiten Teilauseinandersetzungen vorzunehmen; umgekehrt aber auch Gründe, eine solche zu verhindern.

Teilungsanordnung verhindert Teilung

Vorrangig vollzieht sich die Auseinandersetzung des Nachlasses nach Vorgaben des Erblassers. In seinem Testament kann eine sogenannte Teilungsanordnung vorgegeben sein. Das ist der Fall, wenn der Verstorbene einzelnen Miterben einzelne Nachlassgegenstände gesondert zugeschrieben hat, zum Beispiel einem Kind, das mit seinen Geschwistern erben soll, ein Grundstück.

Teilungsanordnungen sind vorrangig zu erfüllen und begründen eine schuldrechtliche Verpflichtung der Miterben untereinander. Daher können sich Miterben nur einverständlich darüber hinwegsetzen.

Die Teilungsanordnung führt dazu, dass der dadurch begünstigte Miterbe sich beispielsweise gegen eine Teilungsversteigerung über eine Nachlassimmobilie, welche ein anderer Miterbe eingeleitet hat, erfolgreich wehren kann; dies haben die Oberlandesgerichte Karlsruhe und München entschieden (Fundstellen: BeckRS 2022, 6162; OLG München, BeckRS 2016, 19752). Das prozessual richtige Mittel ist eine sogenannte unechte Drittwiderspruchsklage gemäß §§ 768, 771 der Zivilprozessordnung.

Nach § 2044 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann der Erblasser in seinem Testament die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausschließen. Wird die Auseinandersetzung auf diese Weise untersagt, handelt es sich um eine Auflage, §§ 2192 ff. BGB zu Lasten aller Erben. Darüber können sich die Miterben nur gemeinsam hinwegsetzen. Auch hier ist die Widerspruchsklage nach § 771 ZPO analog wieder die richtige Klageart. 

Der Aufschub der Auseinandersetzung

§ 2043 BGB sieht vor, dass dann, soweit die Erbteile noch unbestimmt sind, jeder Miterbe verlangen kann, dass die Auseinandersetzung bis zur Klärung der Ungewissheit aufgeschoben werden kann. Die Auseinandersetzung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, soweit und solange die Erbteile unbestimmt sind.  

Der probate Weg: die Teilauseinandersetzung

Am besten erfolgt die Nachlassteilung in mehreren Teilschritten. Eine Teilerbauseinandersetzung kann jedoch nur bei Einverständnis aller Miterben erfolgen. Gegen den Willen eines Miterben besteht der Anspruch auf Teilauseinandersetzung nur dann, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Nachlassverbindlichkeiten nicht mehr bestehen und die Belange der übrigen Erben durch die Teilauseinandersetzung nicht gefährdet werden. Die Rechtsprechung handhabt die Frage der Zulässigkeit einer Teilerbauseinandersetzung restriktiv. 

Die Verteilung des Versteigerungserlöses

Nicht selten wird der Nachlass durch Teilungsversteigerung einer Nachlassimmobilie zur sogenannten "Teilungsreife" gebracht. Teilungsreif ist im Prinzip nur Geld, das nach den Erbquoten verteilt werden kann. Erfolgt der Zuschlag in der Versteigerung an einen Ersteher, setzt sich die Erbengemeinschaft am Veräußerungserlös fort, § 2041 BGB, was auch der Grund dafür ist, dass der Erlös nicht automatisch verteilt wird. Oft stimmen die Miterben gegenüber dem Versteigerungsgericht zu, den Erlös unmittelbar an die Miterben entsprechend ihrer Erbquoten auszuzahlen. Dadurch erfolgt nicht nur eine rechnerische Verteilung des Erlöses, sondern zugleich wird die stillschweigende Einigung aller Miterben über eine Teilerbauseinandersetzung am erlösten Geld erklärt. Durch die Verteilung des Verkaufserlöses ist die Teilung in Natur nach §§ 2038 II, 752 BGB am Erlös erfolgt. Widerspricht jedoch ein Miterbe (was auch ohne Angabe von Gründen geschehen kann) dieser Auseinandersetzung, ist der Versteigerungserlös zu hinterlegen; im Rahmen eines gesonderten Hinterlegungsprozesses vor dem Landgericht muss dann um die konkrete Verteilung prozessiert werden.

Fazit

In einer Vielzahl von Fällen zur Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften spielen Teilerbauseinandersetzungen eine erhebliche Rolle. Auch wenn nur in engen Ausnahmefällen hierauf ein einklagbarer Anspruch auf Durchführung einer Teilerbauseinandersetzung von der Rechtsprechung anerkannt wird, liegt darin ein probates Mittel, Erbengemeinschaften sukzessive auseinanderzudividieren. 

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